Bruce Springsteen hoffnungsvoll und politisch engagiert in Gelsenkirchen

In den vergangenen zwei Jahren war Vergänglichkeit das wiederkehrende Thema bei den Tourneen von Bruce Springsteen & The E Street Band. Wobei man manchmal fast das Gefühl bekam, dass er sich auf seinen Abschied vorbereitete. Aber Bruce weiß nicht, wie man aufhört. So gab er kürzlich in einem Rolling Stone-Interview an, dass er nach dem Vorbild der Rolling Stones noch lange nicht mit dem Touren aufhören will. Plötzlich wandelte sich auch die Botschaft der aktuellen Tour zu einem aktuelleren Thema. Der Tourname wurde in ‘The Land of Hope and Dreams tour’ umbenannt, und Bruce hatte wieder eine politisch engagierte Botschaft, in der er seine Sorgen über die aktuelle amerikanische Regierung unter Trump äußerte. Zum Ärger von Trump selbst, der daraufhin mit einer verschleierten Drohung auf seiner eigenen Social-Media-Plattform reagierte. Was gewiss nicht etwas ist, wodurch sich The Boss aus der Fassung bringen ließe. Denn er wiederholte die Botschaft bei jedem Konzert dieser Tournee erneut. Wobei an Freitagabend die Veltins Arena im deutschen Gelsenkirchen besucht wurde. Leider ohne seinen festen Begleiter und Gitarristen Steven Van Zandt, der sich von einer Blinddarmentzündung erholt.

Bruce selbst wurde vor zwei Jahren auch wegen eines Magengeschwürs operiert. Es war auch ein Unterschied zu sehen, wie motiviert er 2023 im Vergleich zu 2024 war. Im Goffertpark letztes Jahr schien er energischer zu sein als im Jahr zuvor. Auch an diesem Abend schien er energisch und motiviert vom Opener “No Surrender” an. Nach dem Deep Cut “My Love Will Not Let You Down” wurde “Land Of Hope And Dreams” mit einer deutsch untertitelten Rede eingeführt, in der Bruce vor allem die andere positive Seite Amerikas feiern wollte. Die Tatsache, dass Bruces Reden synchron mit den Untertiteln auf der großen Leinwand liefen, nahm zwar etwas Spontaneität weg, aber diese Momente würden später noch genug kommen. Wie die Male bei beispielsweise “The Promised Land”, wobei junge Kinder im Publikum auf eine Mundharmonika von Bruce zählen konnten. Die Botschaft kam jedenfalls stärker rüber als bei seinen vorherigen Tourneen.

Die Setlist schien auch mehr an den aktuellen Zustand seines Landes angepasst. So ging “The River” in “Youngtown” über, was der Auftakt für das heftig gespielte “Murder Incorporated” war. “Long Walk Home” wurde von Bruce als ‘ein Gebet für mein Land’ eingeführt. Ein Gänsehautmoment folgte beim vollständig akustisch gespielten “House Of A Thousand Guitars”, wobei die Zeile “the criminal clown has stolen the throne” auf viel Beifall aus dem Publikum zählen konnte.

Nach dem nüchternen Teil mit anschließend “My City of Ruins” war “I’m On Fire” ein schöner Übergang zum Siegeszug von Klassikern wie “Because The Night”, einem feurig gespielten “Wrecking Ball”, “The Rising”, “Badlands” und “Thunder Road”. Wobei Nils Lofgren den Part von Steven Van Zandt bei der Textzeile ‘Well I got this guitar and I learn how to make it talk’, übernehmen musste, was etwas weniger zur Geltung kam. Aber die Bläsersektion, die anschließend Jake Clemons’ Saxophonsolo unterstützte, war tadellos.

Die Zugabe steht in den letzten Jahren ziemlich fest mit “Born In The USA” (das nicht wie vor zwei Jahren in der Johan Cruijff Arena unter zu viel Hall litt), “Born To Run”, “Bobby Jean”, “Tenth Avenue Freeze-Out” (wobei immer auf der großen Leinwand eine Ehrung für die verstorbenen E Street Band-Mitglieder Clarence Clemons und Danny Federici vorbeikommt) und dem Cover “Twist & Shout”, wobei immer die Spielfreude abstrahlt. Aber während Bruce in den Vorjahren solo mit dem emotionalen “I See You In My Dreams” schloss, schloss er nun mit der ganzen Band mit dem Bob Dylan-Cover “Chimes of Freedom”, das er für diese Tour zum ersten Mal seit 1988 wieder auf die Setlist gesetzt hat.

Es war ein passender Abschluss, um zu zeigen, dass Amerika auch eine andere Seite hat als die, die Trump der Welt zeigen will. Es kam zwar nichts von der neuen Boxset mit sieben bisher unveröffentlichten Alben vor, die am selben Tag erschien, aber das hätte auch nicht in das Thema der Tour gepasst. Es war erfrischend, nach Jahren wieder einen Bruce Springsteen zu sehen, der politisch engagiert ist und sich äußert. Egal wie sehr Trump sich daran ärgern mag. Wenn man sah, wie energisch Bruce an diesem Abend mit seinen 75 Jahren noch war, dann kann man davon ausgehen, dass er noch einige Jahre weitermachen kann und nach Trumps Präsidentschaft in 4 Jahren immer noch da sein wird. Wie Bruce selbst den amerikanischen Schriftsteller James Baldwin zitierte: “In this world, there isn’t as much humanity as one would like, but there’s enough.” Mit jemandem wie The Boss wird immer etwas Hoffnung auf eine bessere Welt bleiben.

Change consent