Steven Vagovics – Ikigai
|Steven Vagovics aus Bratislava präsentiert mit ‘Ikigai’ ein introspektives Album, das das japanische Konzept des Lebenszwecks erforscht. Der 29-jährige Singer-Songwriter verarbeitet Einflüsse von Coldplay, Radiohead und den Beatles zu einer zusammenhängenden Reise von zehn Tracks, die westliche Indie-Rock-Sensibilität mit östlicher Philosophie verbindet.
Das Album eröffnet mit dem Titelsong ‘Ikigai’ und macht sofort deutlich, dass Vagovics mehr will als nur Unterhaltung zu bieten. Sein Ansatz des japanischen Konzepts ‘seinen Lebensgrund zu finden’ übersetzt sich in sorgfältig aufgebaute Arrangements, die kontemplative Momente mit dynamischen instrumentalen Passagen abwechseln. Die Gitarrenarbeit ist eine echte Stärke des Albums, mit Soli, die sowohl technisch versiert als auch emotional eindringlich sind.
‘Rain In Japan’ und ‘Nagomi’ zeigen Vagovics’ Fähigkeit, atmosphärische Klanglandschaften zu erschaffen, die den Hörer in andere Welten entführen. Das Schlagzeugspiel bietet eine solide Grundlage, ohne das subtile Zusammenspiel zwischen Gitarre und Keyboards zu überschatten. Die Keyboard-Arrangements verdienen besondere Erwähnung wegen ihrer Klarheit und Präzision. Sie schneiden scharf durch den Mix, ohne den Sound zu überfrachten.
Der Höhepunkt des Albums ist ‘You’, wo Vagovics Violine in das Arrangement einbaut. Dieses orchestrale Element klingt natürlich und nicht aufgesetzt, was zeigt, dass der Künstler weiß, wann er die traditionelle Rockbesetzung erweitern sollte. Die Violine verleiht dem Track zusätzliche emotionale Tiefe, ohne der Geschlossenheit des Albums zu schaden.
Songs wie ‘Home’, ‘Old Friend’ und ‘Komorebi’ zeigen Vagovics’ Talent für das Schreiben von Melodien, die im Gedächtnis bleiben. Sein Songwriting zeigt echtes Wachstum, besonders darin, wie er die japanischen Themen verarbeitet, ohne in oberflächliche Aneignung zu verfallen. Die Songtitel selbst, wie das wunderschöne ‘Komorebi’ (das Spiel des Lichts durch Blätter), deuten auf einen Künstler hin, der sich wirklich in seine Inspirationsquelle vertieft hat.
Dennoch gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Vagovics’ Gesang zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen seinem starken Brustregister und seinem weniger entwickelten Kopfregister. In seinem tieferen Register klingt seine Stimme warm und authentisch, perfekt passend zur introspektiven Atmosphäre des Materials. Bei höheren Tönen fehlt seiner Kopfstimme jedoch dieselbe Kraft und Fülle, was manchmal für Unausgewogenheit sorgt. Weitere stimmliche Entwicklung wäre hier von Vorteil. Auch die Produktion könnte voller und dimensionaler sein, was den Arrangements mehr Wirkung verleihen würde.
‘Back In Time’ und ‘The Strangest Thing’ demonstrieren Vagovics’ Vielseitigkeit als Songwriter. Er bewegt sich mühelos zwischen reflektiven Balladen und temporeichen Arrangements. Die Albumstruktur, eingerahmt von ‘Ikigai’ und ‘Ikigai (Outro)’, bildet eine schöne zyklische Reise, die das Thema der Suche nach Lebenssinn verstärkt.
Die Produktion ist sauber und professionell, wirkt aber manchmal zu zurückhaltend für die ambitionierte Reichweite des Materials. Ein dynamischerer Mix würde diesen beeindruckenden Gitarrensoli mehr Kraft verleihen und den Drums mehr Präsenz im Gesamtklang geben. Dennoch sorgt die Klarheit aller Elemente dafür, dass man die sorgfältige Aufmerksamkeit für Details gut wahrnehmen kann.
‘Ikigai’ gelingt als durchdachte künstlerische Aussage eines sich entwickelnden Talents. Vagovics sucht vielleicht noch nach seiner vollständigen Stimme als Performer, aber seine Fähigkeiten als Komponist und seine Bereitschaft, bedeutungsvolle Themen zu erforschen, machen ihn zu einem Künstler, den man im Auge behalten sollte. Das Album belohnt geduldiges Zuhören und offenbart bei jedem Durchgang neue Schichten.
Für Liebhaber introspektiven Indie-Rocks mit internationalen Einflüssen bietet ‘Ikigai’ eine lohnende 40-minütige Reise durch Fragen von Zweck und Zugehörigkeit. Es ist ein Album, das Tiefgang über Spektakel stellt und damit besonders für Hörer attraktiv ist, die Musik mit echter emotionaler Authentizität suchen. (7/10) (Autumn Lady Records)