Perlen der Popmusik: Die Geschichte hinter Taco – “Puttin’ on the Ritz”
|Im Sommer 1983 ertönte ein unerwarteter Klang aus den Radios weltweit. Ein mysteriöser Künstler namens Taco hatte einen Klassiker von 1929 in eine futuristische Synth-Pop-Hymne verwandelt. “Puttin’ on the Ritz”, ursprünglich von Irving Berlin geschrieben, erhielt ein so radikales Makeover, dass das Lied erneut die Hitlisten stürmte, mehr als fünfzig Jahre nach der ersten Version.
Taco Ockerse
Taco Ockerse wurde am 21. Juli 1955 in Jakarta, Indonesien, als Sohn niederländischer Eltern geboren und verbrachte seine Jugend aufgrund der Arbeit seines Vaters mit Reisen um die ganze Welt. Er lebte nacheinander in den Niederlanden, den Vereinigten Staaten, Singapur, Luxemburg, Belgien und Deutschland. Diese nomadische Jugend würde später seinen kosmopolitischen Musikstil beeinflussen.
Taco zog 1974 nach Deutschland, absolvierte die Schauspielakademie in Hamburg und entwickelte seinen einzigartigen Act. Er machte sich im europäischen Supper-Club-Circuit einen Namen, indem er sich in formelle Kleidung steckte und tanzbare Versionen amerikanischer Standards brachte. Diese theatralische Herangehensweise, bei der er klassische Songs mit modernem Tanz und Entertainment kombinierte, würde die Grundlage für seinen späteren Durchbruch bilden.
“Puttin’ on the Ritz”
1981 unterschrieb Taco seinen ersten Plattenvertrag bei Polydor in Westdeutschland für zwei Veröffentlichungen. Seine Wahl für die Debütsingle war gewagt: eine Neuinterpretation von Irving Berlins “Puttin’ on the Ritz” von 1929. Die ursprüngliche Version dieses Liedes war vor allem durch Fred Astaire in den dreißiger und vierziger Jahren bekannt geworden.
Tacos Version enthielt Interpolationen anderer Berlin-Kompositionen wie “Always”, “White Christmas”, “Alexander’s Ragtime Band” und “There’s No Business Like Show Business”, womit er eine wahre Hommage an das American Songbook schuf. Das Lied wurde in den Vereinigten Staaten über RCA Records veröffentlicht, aber Taco vergaß sein Album und setzte seine Auftritte in den Theatern fort.
Nach einer unerwarteten Nummer eins in Schweden wurde Taco angerufen, dringend nach Stockholm zu fliegen für einen Auftritt, und im September 1983 erreichte das Lied Platz 4 in den amerikanischen Billboard Hot 100 und sogar Nummer 1 in der Cashbox-Liste. Die Single verdiente sich in den Vereinigten Staaten schließlich eine Goldene Schallplatte für Verkäufe von mehr als einer Million Exemplaren, eine Leistung, die nur vier anderen niederländischen Künstlern gelungen ist. Weltweit kam das Lied in die Top 10 in neun Ländern, was die universelle Anziehungskraft von Tacos eigenwilliger Interpretation bewies.
Das Jahr 1983 war ohnehin entscheidend für die Synth-Pop-Bewegung. Während Künstler wie Depeche Mode, Duran Duran und New Order die Grenzen elektronischer Musik erkundeten, gelang es Taco, diese modernen Einflüsse mit einem fünfzig Jahre alten Standard zu kombinieren. Dieser Ansatz passte perfekt in die Musiklandschaft der frühen achtziger Jahre, als Produzenten und Künstler mit Synthesizern und Drum-Machines experimentierten.
Tacos Version war radikal anders als frühere Interpretationen. Wo Astaires Version elegant und raffiniert war, brachte Taco eine theatralische Energie mit, die zur MTV-Generation passte. Die Produktion kombinierte pulsierende Synthesizer mit einem mitreißenden Rhythmus, während Tacos Gesangstechnik sowohl dramatisch als auch verspielt war.
“After Eight”
“Puttin’ on the Ritz” stammte von Tacos Debütalbum “After Eight”. Das Album, 1982 von RCA Records veröffentlicht, enthielt sechs Coverversionen klassischer Popsongs und fünf Originalkompositionen, die Taco mitgeschrieben hatte. Das Album erreichte Nummer 23 in den Billboard 200.
Der Albumtitel “After Eight” bezog sich auf die berühmten Schokoladenpralinen und spiegelte Tacos Vorliebe für raffinierte, aber zugängliche Unterhaltung wider. Neben “Puttin’ on the Ritz” enthielt das Album auch eine Version von “Singin’ in the Rain”, die als Nachfolger veröffentlicht wurde, aber kommerziell viel weniger erfolgreich war.
Irving Berlin
Obwohl “Puttin’ on the Ritz” Tacos größter kommerzieller Erfolg wurde, hatte er auch noch einen bescheidenen Hit mit “Cheek to Cheek”, ebenfalls ein Irving Berlin-Klassiker von 1935. Diese Nachfolgesingle erreichte zwar nicht den Erfolg seines Durchbruchshits, zeigte aber, dass Tacos Ansatz der Neuinterpretation amerikanischer Standards mehr als nur einen einmaligen Erfolg hervorbringen konnte.
1983 und 1984 tourte Taco ausgiebig durch Europa, wo sein theatralischer Act besser verstanden und geschätzt wurde. Sein europäischer Erfolg dauerte länger als in Amerika, wo sein exzentrischer Stil vielleicht zu fremd für den Mainstream war.
Theatralisches Musikvideo
Das Musikvideo zu “Puttin’ on the Ritz” wurde von Jean-Pierre Berckmans gedreht und war genauso auffällig wie das Lied selbst. Die ursprüngliche Version des Videos enthielt Figuren in Blackface, eine theatralische Konvention, die auf Minstrel-Shows und Vaudeville-Traditionen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zurückgeht. Dieser Stil war in den zwanziger Jahren Teil der Art-Déco-Bewegung und des Jazz-Age-Zeitalters.
Blackface wurde in jener Zeit als künstlerisches und stilistisches Mittel innerhalb der Art-Déco- und Jazz-Age-Ästhetik verwendet. Irving Berlins ursprüngliches “Puttin’ On the Ritz” von 1930 war laut The Complete Lyrics of Irving Berlin sogar der erste Filmtrack, der von einem interrassischen Ensemble gesungen wurde. Tacos Video bezog sich auf diese theatralische Tradition der ursprünglichen Ära, obwohl dies zu Kontroversen und Zensur bei vielen Sendern führte, mit einer alternativen Version, die viele dieser Aufnahmen eliminierte. Verschiedene Menschen fanden es ein rassistisches Element, was es laut Taco, selbst gemischten Blutes, absolut nicht war. Um den Frieden zu bewahren, wurde dennoch ein neues Video aufgenommen.
Obwohl “Puttin’ on the Ritz” Tacos größter kommerzieller Erfolg wurde, blieb er in der Musikwelt aktiv. Er bringt noch immer regelmäßig Musik heraus und tritt häufig auf. Er lebt seit 1974 in Deutschland und seine Präsentation ist größtenteils dieselbe geblieben: formelle Kleidung, theatralische Präsentation und eine Mischung aus Klassikern und eigenem Material.
Tacos Version von “Puttin’ On The Ritz” hat ein neues Leben in der Populärkultur gefunden und wurde im Thriller “The Call” von 2013 verwendet. Das Lied bleibt ein Favorit auf Nostalgie-Partys und wird noch immer auf Radiosendern gespielt, die sich auf die achtziger Jahre konzentrieren. Kürzlich hat er sogar ein unerwartetes Comeback in den sozialen Medien gemacht, wo sein theatralischer Stil eine neue Generation zu fesseln wusste.
Zeitlos
Die Geschichte von Tacos “Puttin’ on the Ritz” ist eine von künstlerischem Mut und perfektem Timing. Das Lied beweist, dass große Popmusik zeitlos ist und immer wieder für neue Generationen neu erfunden werden kann.
Als Irving Berlin “Puttin’ on the Ritz” schrieb, hätte er nie ahnen können, dass die erfolgreichste Aufführung mehr als 50 Jahre später kommen würde, dank Taco. Der niederländische Künstler schaffte es, einen Moment in der Zeit einzufangen, als Vergangenheit und Zukunft sich auf der Tanzfläche trafen, und schuf damit eine unvergessliche Perle der Popmusik.
Tacos Erfolg war vielleicht kurzlebig, aber die Wirkung war dauerhaft. “Puttin’ on the Ritz” bleibt ein perfekter Schnappschuss der frühen achtziger Jahre, als alles möglich schien und Musiker keine Angst hatten, Grenzen zu überschreiten. In einer Zeit, in der Retromanie die Musikwelt dominiert, fühlt sich Tacos Ansatz überraschend modern an, als wäre er Jahrzehnte dem Trend des Wiederentdeckens und Neuinterpretierens von Klassikern voraus gewesen.