Loma – How Will I Live Without A Body?

Loma ist eines dieser Projekte, von denen man hofft, dass sie sich zu einer Band entwickeln, an der man nicht vorbeikommt. Mit ihrem dritten Album, “How Will I Live Without A Body?”, scheint ihnen dies gelungen zu sein. Für das amerikanisch-britische Trio war diese Platte eine harte Prüfung, aber das Ergebnis ist verblüffend schön.

Loma ist eine Zusammenarbeit zwischen Jonathan Meiburg (Shearwater) und dem ehemaligen Ehepaar Emily Cross und Dan Duszynski von Cross Record. Seit ihrem gleichnamigen Debüt im Jahr 2018 schaffen sie in ihren Songs eine eigenwillige, hypnotisierende Welt. Damals noch von einer texanischen Farm aus, mit einer Kulisse von bellenden Hunden und zwitschernden texanischen Vögeln. Aber nach ihrem zweiten Album “Don’t Shy Away” im Jahr 2020 zog Jonathan nach Deutschland und Emily, britische Staatsbürgerin, ging nach Dorset.

Dort, in der weitläufigen britischen Landschaft, wurde “How Will I Live Without A Body?” geboren. In einem kleinen Steinhaus, das einst eine Werkstatt für Särge war. Ein gepolsterter Sarg wurde als Gesangskabine verwendet und die Ruine einer Kapelle aus dem 12. Jahrhundert als Hallraum. Nicht schalldicht. Denn die Geräusche eines undichten Rohrs, eines metallenen Lampenschirms, die Stimmen auf einem alten Anrufbeantworter… sie haben alle einen organischen Platz auf der Platte gefunden. Und die Hunde und Vögel scheinen jetzt einen typisch britischen Akzent zu haben…

Dies bildet den verflochtenen Hintergrund für den erdigen, organischen und zugleich tief menschlichen Sound von Loma, mit Emilys kühler, klarer Stimme als natürlichem Ankerpunkt. Ein Sound, der genauso gut ein Film, Gedicht, Gemälde oder Foto sein könnte. Ein bildlicher Rahmen für eine eigene Interpretation. Ein Rahmen der Langsamkeit, des Nachdenkens über das Leben, oft durch den Gebrauch von Metaphern in Form der Natur und der Elemente. Wo der Mensch vielleicht nicht hingehört oder Schwierigkeiten hat. Wobei man das Gefühl bekommt, dass man da durch muss. Dass es heilt und dass am Horizont Hoffnung aufscheint. Laut Loma ist “How Will I Live Without A Body?” vor allem ein Album über Partnerschaft, Verlust, Regeneration und den Kampf gegen das Gefühl, dass wir allein sind. Eine Platte wie eine rastlose Bewegung, in der gesichtslose Figuren durch Begegnungen und Trennungen treiben, sich miteinander verflechten und dann wieder wegdriften.

“How Will I Live Without A Body?” tut dies in zwei Hälften. Die A-Seite ist die Seite des Umherirrens und Suchens. Wie im wunderschönen und bildhaften “Arrhythmia”. Das Klavier hat den Rhythmus eines alten Dampfzugs, der durch eine trostlose Landschaft fährt, wo Traum, Sehnsucht und Realität ineinander übergehen:

“Can I trust how I feel every day?
Is the world what I think it to be?
In the mountains, I wait.
In the sea, I wait.
In the moss, I wait.
In the house, I wait.”

Ein Stück, das alle Stärken der Platte zu bündeln scheint: eine schöne (eigene) Produktion mit Arrangements, die in Aufbau, Tempo und Klangfarbe genau den richtigen Nerv treffen. Und ein ausgewogener und sehr effektiver Einsatz von Klavier, Bläsern, Streichern, Percussion, Schlagzeug, Klarinette und Gesang. Mit einem subtilen Einsatz von Alltagsgeräuschen wie Vögeln und Hintergrundgesprächen.

“Arrhythmia” ist vielschichtig und entfaltet sich langsam vollständig. Etwas, das man bei Loma oft hört, wie auch im schönen “Unbraiding” und im Wendepunkt “How It Starts”, dem natürlichen Übergang zur Seite B. Wo Hoffnung in der Dunkelheit aufscheint, ohne sich ihr sofort hinzugeben. So klingt “A Steady Mind” bereits uptempo und hoffnungsvoll, ohne den langsamen Aufbau, der die meisten Stücke kennzeichnet. Doch das Magnum Opus bildet “Broken Doorbell”: ein fast 8-minütiges unheilvolles Verlangen, das schließlich (buchstäblich) wie eine verzweifelte Welle an einem verlassenen Strand aufzulaufen scheint.

Danach kann man bei den letzten beiden Stücken wieder etwas durchatmen. Wo man alles wieder sacken lassen kann. Mit “Affinity”, das wie ein Gedicht auf Percussion und Klarinette vorgetragen wird. Und mit dem Abschlussstück “Turnaround”. Der einzige Song, den man als Singer-Songwriter bezeichnen könnte. Gesang und akustische Gitarre. Denn so einfach kann es auch sein. Aber so macht es Loma eigentlich nie.

Loma überrascht einen immer wieder, lässt einen tief in die irdische Existenz eintauchen. Mit erdiger und organischer Musik. “How Will I Live Without A Body?” ist ein tiefgründiger nächster Schritt in Lomas Entwicklung. Eine Platte, in der man sich verlieren kann. Von einem Projekt, das sich getrost als vollwertige Band bezeichnen darf. (8/10) (Sub Pop)

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