Übersicht über die Albumrezensionen: Gotthard, Hangover Paradise und mehr
|Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
Chrissy Johnson – Shake Where You’re Steady
Auf ihrem zweiten Album “Shake Where You’re Steady” schafft Chrissy Johnson eine stimmungsvolle Mischung aus Folk und Pop, mit gelegentlichen Anklängen von Jazz. Ihre klare Stimme bildet das schlagende Herz einer Reihe feinsinniger Lieder, die sowohl zugänglich als auch persönlich wirken. Das Album beginnt vorsichtig mit “Greatest Abandon”, aber bald entfalten sich die Arrangements im verspielten “Anything”, wo Bläser und Rhythmusarbeit ihren sanften Gesang schön ergänzen. Die Produktion ist zurückhaltend und geschmackvoll, wodurch Johnsons Texte den Raum bekommen, wirklich anzukommen. In Liedern wie “Runaway Love” und “Only Now” berührt sie reine Verletzlichkeit, ohne pathetisch zu werden. Es sind diese Momente der Stille, die dem Album seine Kraft verleihen. Dem gegenüber stehen stärkere Erzählungen wie “Strange Fire” und das bluesige “Backwater Blues”, in denen sie ihr Talent als Erzählerin zeigt. Der Abschlusstrack “Pretty Little Heart” bringt alles zurück zum Wesentlichen: eine Stimme, ein Lied, ein Gefühl. “Shake Where You’re Steady” ist keine laute Platte, sondern eine, die sich leise unter die Haut schleicht. Chrissy Johnson liefert ein erwachsenes und vielschichtiges Werk ab, das fesselnd bleibt, vor allem für diejenigen, die sich die Zeit nehmen, wirklich zuzuhören. (Norman van den Wildenberg) (7/10) (Eigenproduktion)
Béla Fleck, Edmar Castañeda, Antonio Sánchez – BEATrio
B(éla), E(dmar) und A(ntonio) bilden ein T(rio). Ein bemerkenswertes Trio, in dem Castañedas Harfe und Flecks Banjo die Hauptinstrumente sind, angetrieben vom Schlagzeuger und “Projektleiter” Sánchez. Eine Banjo: dann muss das wohl Bluegrass sein. Jein. Ja, es gibt sicherlich Bluegrass-Einflüsse – zum Beispiel in “Countryside” – aber die Musik, die das Trio auf dieser Platte verewigt hat, erkundet mehr Dimensionen im Jazz. Dabei ist das Spiel von Castañeda bestimmend: Der Harfenist benutzt seine linke Hand für die Basstöne, während die rechte Hand mit der Melodie harmoniert, die Fleck auf dem fünfsaitigen Banjo spielt. Es entsteht ein völlig einzigartiger Klang. In einem Track wie “Kaleidoscopes” hört man gut, wie die Harfe und das Banjo einander folgen und verstärken: manchmal unisono, bis sie mehr in einem Dialog umeinander schwirren. Höre dann vor allem auf die fast chirurgische Präzision, mit der die Musiker einander fehlerfrei spüren: live muss das eine Sensation sein. Die Art und Weise, wie Castañeda dem fingerfertigen Fleck auf dem Banjo folgt, ist bewundernswert. Übrigens ist die Rolle von Sánchez nicht zu unterschätzen: In “Three Is Not A Crowd” darf er glänzen. Aber dieses Album ist nicht nur eine Zurschaustellung technischer Fertigkeiten. Im Gegenteil, dem Trio gelingt es, ein sehr abwechslungsreiches Album abzuliefern. Das melodische “Cloak And Dagger” und “Whispers Of Resilience” mit einem herrlichen Groove sind wahre Juwelen. (Jeroen Mulder) (9/10) (Thirty Tigers)
Gotthard – Stereo Crush
Diese Schweizer Band verdankt ihren Namen einem Gebirge aus ihrer Heimat, obwohl die meisten eher an den bekannten Tunnel denken werden. Hardrocker werden die Band, die Anfang der 90er Jahre beachtlichen Erfolg hatte, nennen, wenn man fragt: Woran denkst du bei Gotthard? Vor einiger Zeit kam Frontmann Steve Lee bei einem Verkehrsunfall ums Leben, aber die Band bringt immer noch Platten heraus und hat in Nic Maeder einen guten Ersatz gefunden. Seine Stimme hat ziemlich viel Ähnlichkeit mit Lees. Dennoch muss gesagt werden, dass dieses neue “Stereo Crush” die schwächste Platte mit Maeder am Gesang ist. Das hat nichts mit seinem Beitrag zu tun, aber die Songs sind einfach nicht so stark, wie wir es von Gotthard gewohnt sind. Das Album ist auch um einiges softer, mit ein paar Ausnahmen. Vielleicht versucht die Band, neue Fans zu gewinnen. Außerdem macht die Band gerne ein Cover, diesmal ist es “Drive My Car” von The Beatles. Früher haben sie “Come Together” deutlich überzeugender umgesetzt. Es klingt okay, aber für langjährige Fans wird es kein Album sein, auf das oft zurückgegriffen wird. (Rik Moors) (6/10) (Reigning Phoenix Music)
Moonlight Haze – Beyond
“Beyond” ist das vierte Studioalbum von Moonlight Haze. Diese italienische Band macht symphonischen, melodischen Metal. Der eingängige Rhythmus, der “Strophe-Refrain-Aufbau” und die relativ einfachen Texte sorgen für zugängliche Tracks. Die Backing Vocals sind manchmal etwas vorhersehbar, aber die Kombination der Stimmen ist gut. Alle Lieder sind auf Englisch, nur “L’Eco Del Silenzio” enthält eine Mischung aus Englisch und Italienisch. Die Emotion im italienischen Gesang ist deutlicher zu hören, auch die Musik scheint intensiver. Die Variation im Gesang ist am größten in “Time To Go”. Man hört nicht nur klassisch geschulten und Pop-Rock-Gesang, sondern auch einige Grunts. Auch instrumental sind die Kontraste hier größer. Diese Kontraste hätten in mehreren Liedern größer sein dürfen. Die Verteilung zwischen Pop/Rock versus klassisch geschultem Gesang (durch Chiara Tricarico) passt zur zugänglichen Musik. Der Metal ist nicht allzu schwer, die leicht klassischen Elemente treten nicht wirklich in den Vordergrund. Dadurch ist “Beyond” für ein breites Publikum geeignet. Live gespielt wird es sicherlich Interaktion mit den Fans geben. (Esther Kessel-Tamerus) (7/10) (Scarlet Records)
Hangover Paradise – Lost In Reality
Bert Heerink. Was man auch über den Mann denkt, seine Vita ist beeindruckend mit Vandenberg, Kayak, Jan Akkerman und The Pink Floyd Project. Darum geht es hier. Die Drenther Prog-Formation Hangover Paradise hat ihn nun als Leadsänger für ihr drittes Studioalbum “Lost In Reality” in die Arme geschlossen. Heerink ist damit auch der dritte Sänger, während die Formation ansonsten konstant in der Besetzung ist. Die beiden Keyboarder Henk und Peter Zwerus – letzterer auch der Textschreiber – drücken dem Klang von Hangover Paradise einen deutlichen Stempel auf, aber gleichzeitig tun wir dem reichen Gitarrenspiel von Ritchie Saimima Unrecht: diese Gitarre ist prominent anwesend und nicht nur in den Soli. Der Eröffnungstrack “Never Again” ist direkt ein starker Einstieg, der an die kräftigeren Stücke von IQ erinnert. Und es gibt mehr Parallelen zu den britischen Neoprogger um Mike Holmes: genau wie IQ – ‘vierzig Jahre Prog-Unsinn’ – nimmt Hangover Paradise das Genre und seine Canterbury-Klischees gerne ein bisschen auf die Schippe. In “The Story Of Prog” bekommen wir eine Geschichte über Questen, Dämonen, Drachen und Ritter serviert, selbstverständlich in einem Track, der aus verschiedenen Teilen aufgebaut ist, mit einem guten Gitarrenriff im Intro, dem treibenden Rockrhythmus unter den ersten Strophen und dem Refrain, der aber nach einem Cembalo-Break (!) in ein anderes Tempo übergeht, um in einem epischen Finale zu enden, inklusive Mellotron-artigem Chorbett unter den letzten Synthesizer- und Gitarrensoli. Aus dem Kochbuch, das auch die Rezepturen für das frühe Werk von Marillion und Rush enthält; es sind deutliche Einflüsse. Hangover Paradise liefert mit “Lost In Reality” eine ausgezeichnete Platte ab, an der sich Liebhaber des eher old-school Neoprog – denken Sie mal darüber nach – bestens unterhalten werden. (Jeroen Mulder) (8/10) (Hangover Paradise)