Übersicht über die Albumrezensionen: Lil Wayne, Pulp und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Törzs – Menedék

Törzs ist eine Post-Rock-Band aus Ungarn. „Menedék” ist das vierte Album dieses Trios. Mit ihrem experimentellen Rock schaffen sie komplexe, instrumentale Nummern, denen sie Shoegaze-Elemente hinzufügen. Das ruhige Intro von „Egy pillanatban a végtelen” (‘Unendlichkeit in einem Moment’) ist faszinierend. Das gilt auch für die Fortsetzung. Die meisten Wendungen in Tempo und Lautstärke verlaufen allmählich, die Komposition ist fesselnd. Man spürt die Emotion, mit der gespielt wird, regelmäßig werde ich von ihrer Musik berührt. Das geschieht nicht nur in den nüchtern gespielten Teilen, sondern auch in den forte (also laut) gespielten Stücken. Das hält Törzs über das gesamte Album durch. Es gibt wunderschöne Wechselwirkungen zwischen sehr zurückhaltender/minimalistischer Musik und Rock-Metal und/oder intensiv gespielten Teilen. Es ist immer wieder überraschend, wie eine Nummer weitergeht. Gelegentlich scheint eine Nummer zu enden, aber dann stellt sich heraus, dass es eine Wendung ist. Jede Nummer hat ein schönes Ende, aber es hätte mehr Variation in der Art geben können, wie die Nummern enden. Die Balance und der Wechsel zwischen den Instrumenten ist prima. „Menedék” ist ein Album, das man in aller Ruhe genießen kann. (Esther Kessel-Tamerus) (8/10) (Pelagic Records)

Elijah Jeffery and Eddie Gripper

Ein Klavier und eine Stimme: mehr braucht man nicht, um ein gutes Album zu machen. Vor allem nicht, wenn die Stimme Elijah Jeffery gehört: ein Mann, der mit samtenen Stimmbändern gesegnet ist, die schnell verraten, dass die Ausbildung auf Theater ausgerichtet war. Zusammen mit Grippers klassischer, melodiöser Begleitung resultiert das in einem Album, das nur eine halbe Stunde dauert, aber einen mit dem Gefühl zurücklässt, etwas Besonderes gehört zu haben. Es ist rein, ohne nachträgliche Bastelei in einem Studio mit Overdubs oder Effekten. Es ist, als ob man neben Grippers Flügel Platz genommen hat, wo man sich über Jefferys Reichweite in zum Beispiel dem galanten „Close Your Eyes” wundern kann. Das ist vielleicht der beste Tipp: Augen schließen und zuhören. Zuhören auf das zurückhaltende „Because of You” und das pointierter gespielte „True Love Never Dies”. Sich mitreißen lassen von der Bearbeitung von Henri Purcells „Dido’s Lament” („When I Am Laid in Earth”). Es ist der dramatische Höhepunkt und Schlussteil in der Oper „Dido und Aeneas”: eine rasend komplexe Melodie, die Jeffery meisterhaft interpretiert: emotional und erzählend, wie Purcell das Stück gemeint haben muss. Sagt danach mit uns: ein guter Pianist und ein ausgezeichneter Sänger. Mehr braucht ein Mensch nicht, um Glück in der Musik zu finden. (Jeroen Mulder) (8/10) (Elijah Jeffery and Eddie Gripper)

Lil Wayne – Tha Carter VI

Nach sieben Jahren Stille kehrt Lil Wayne mit „Tha Carter VI” zurück, einem Album, das seine grenzenlose Kreativität zeigt, aber gleichzeitig seine schwächste Carter-Folge erweist. Die 67 Minuten dauernde Platte enthält 19 Tracks voller überraschender Zusammenarbeiten. Von dem leider immer noch unvermeidlichen Bono auf „The Days” bis zum Opernsänger Andrea Bocelli auf „Maria”, aber es fehlt der Zusammenhalt, der frühere Teile so kraftvoll machte. Waynes lyrische Schärfe bleibt unverändert vorhanden, besonders auf Höhepunkten wie „Welcome to Tha Carter” und „Written History”. Der Veteran-Rapper zeigt sich noch immer als Meister der Wortspielerein und Flow-Variationen. Leider untergraben armselige Produktionsentscheidungen und fehlplatzierte Rock-Experimente wie „Island Holiday” das Ganze erheblich. Die Albumstrategie fühlt sich fragmentiert an – entworfen für die Streaming-Generation, aber ohne klare Vision. Gastauftritte seiner Söhne fügen wenig hinzu, während Zusammenarbeiten mit Künstlern wie BigXthaPlug durchaus überzeugen. Trotz einzelner starker Momente gelingt es Wayne nicht, die kulturelle Wirkung von „Tha Carter III” zu erreichen. Das Album beweist seinen bleibenden Einfluss, aber fühlt sich wie eine verpasste Chance an. (Elodie Renard) (6/10) (Young Money Records)

Pulp – More

Nach 24 Jahren Stille kehrt Pulp mit „More” zurück, und was für ein Comeback. Jarvis Cocker und seine Sheffield-Gefährten beweisen, dass ältere Rockstars noch immer relevante Musik machen können, ohne in Nostalgie zu verfallen. Das Album beginnt stark mit „Spike Island”, in dem Cocker seine Rolle als Performer hinterfragt, während er gesteht: ‘I was born to perform, it’s a calling.’ James Fords Produktion verleiht der Band einen zeitgemäßen Glanz, ohne ihre theatralische DNA zu verlieren. „Got to Have Love”, ursprünglich aus 1999, aber nun vollendet, zeigt Pulp von ihrer besten Seite: Disco-Funk mit Streichern und Cockers charakteristischen Wortspielen. Der wahre Höhepunkt ist „Grown Ups”, in dem der Sänger singt: ‘I am not ageing/No, I am just ripening.’ Die Nummer fasst perfekt zusammen, wie Pulp mit dem Erwachsenwerden umgeht – nicht mit Bitterkeit, sondern mit Weisheit und Humor. „Hymn of the North” fungiert als Liebeserklärung an Sheffield und die arbeitenden Menschen, Beweis dafür, dass die Band ihre Wurzeln nicht vergessen hat. Obwohl die zweite Hälfte mit introspektiven Balladen etwas langsam wird, bleibt die Qualität hoch. Produzent Ford sorgt für warme Arrangements mit Streichern des Elysian Collective, während Gastmusiker von Cockers JARV IS…-Projekt den Sound bereichern. Das Album ist dem verstorbenen Bassisten Steve Mackey gewidmet, dessen Anwesenheit spürbar bleibt. „More” vermeidet alle Fallstricke von Wiedervereinigungsalben. Anstatt ihre 90er-Jahre-Erfolge zu kopieren, liefern Pulp eine ehrliche Reflexion über das Älterwerden, Kreativität und Sterblichkeit. Es ist authentische Kunst einer erwachsenen Band, die noch immer etwas zu sagen hat. (Jan Vranken) (8/10) (Rough Trade)

Curtis Nowosad – I Am Doing My Best

Die größte Überraschung auf dieser neuen Platte von Komponist und Schlagzeuger Curtis Nowosad ist die simbabwische Sängerin Joanna Majoko, die wir zum ersten Mal im zweiten Stück hören, „Choices (A Butterfly Breaks Free)”. Ihre Stimme nimmt einen buchstäblich mit in eine andere Welt; gleich dem Schmetterling, den sie besingt, flattert sie über die Musik hinweg, ausdrucksvoll und gleichzeitig sehr verletzlich. Damit sorgt sie auch dafür, dass man diesem Album kein eindeutiges Etikett aufkleben kann. Nowosad lässt seine Musik in mehreren Stücken zum Beispiel so klingen, als würden wir in die siebziger und achtziger Jahre zurückgehen, mit deutlichen Fusion-Einflüssen von beispielsweise Return To Forever und Mahavishnu Orchestra. In diesen Stücken überwiegt der Funk, wie in „Echo Delta”, einschließlich Gitarrenarbeit, die auch auf einem Santana-Album nicht fehl am Platz gewesen wäre. So wechselt Nowosad wunderschöne Balladen mit dieser bezaubernden Stimme von Majoko ab mit unwiderstehlichem Groove und Swing in Stücken wie „No Such Place As Away”, in dem der Schlagzeuger selbstverständlich eine Hauptrolle spielt neben Gitarrist Andrew Renfroe. Dies ist das erste Album mit ausschließlich eigenen Kompositionen von Nowosad. Und unserer Meinung nach sollte der New Yorker Schlagzeuger weiterschreiben. Das Ergebnis ist nämlich eine sublime kleine Scheibe, die wie eine wahre Zeitreise zwischen Retro-Fusion und modernem Jazz mit einem simbabwischen Engel als verführerischer Sirene laviert. (Jeroen Mulder) (9/10) (La Reserve Records)

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