David Powell – Touch Wood
|David Powells neuestes Werk “Touch Wood” präsentiert eine faszinierende Meditation über Transformation, Abstammung und die Grenzräume zwischen Bewusstsein und Traum. Der in England geborene, in Australien aufgewachsene und in Katar lebende Künstler hat hier etwas wirklich Einzigartiges geschaffen – eine Klangreise, die sich sowohl zutiefst persönlich als auch universell resonant anfühlt, verstärkt durch seine ätherischen Kollaborateure, die Text-zu-Sprache-‘Speekers’ (Moira, Emma und Vicki), deren geisterhafte Harmonien Powells philosophischen Erkundungen eine jenseitige Dimension verleihen.
Das Album beginnt mit seinem Titeltrack auf intime Weise, beginnend mit den sanften Klängen des Familienlebens. Diese zutiefst persönliche Note deutet darauf hin, dass Powell seine häusliche Welt in das klangliche Gewebe eingewoben hat. Dieser Beginn etabliert sofort die Albumthemen von vorsichtigem Optimismus und Synchronizität, während er das Philosophische im Persönlichen verankert. Powells Texte deuten auf eine Weltanschauung hin, in der Bedeutung aus dem Schnittpunkt von Träumen, Erinnerung und Mythos entsteht – ein Konzept, das sich durch die gesamte Platte zieht. Der Satz “before the miller and the smith came the story of today” deutet auf ein archetypisches Verständnis menschlicher Erfahrung hin und suggeriert, dass unsere zeitgenössischen Kämpfe lediglich neue Ausdrucksformen alter Muster sind.
Dieser Abstammungsfaden wird am explizitesten in “Cotton and Coal”, vielleicht dem emotional resonantesten Track des Albums. Hier verwebt Powell Hochzeitsbilder mit industriellem Erbe und schafft eine kraftvolle Meditation über Familienlinie und Arbeiterklassenidentität. Die Gegenüberstellung von “the mill and the mine” mit “blood and bone, earth and divine” deutet darauf hin, dass unsere industrielle Vergangenheit nicht getrennt von unserer spirituellen Natur ist – sie sind untrennbar verbundene Elemente menschlicher Erfahrung. Das Lied fühlt sich an wie ein Liebesbrief an die Generationen, die durch ihre Arbeit und ihr Opfer die Grundlage für das zeitgenössische Leben geschaffen haben.
Das emotionale Herzstück des Albums liegt in “Lovesong”, Powells verlangsamter Cover-Version von The Cures Hochzeitslied. Diese Wahl fühlt sich zutiefst absichtlich an – Robert Smiths ursprüngliche Hochzeitskomposition zu nehmen und sie durch Powells charakteristische Klanglinse neu zu interpretieren, schafft eine Brücke zwischen persönlicher Geschichte und künstlerischem Ausdruck. Die zarten Texte über Ganzheit und Zugehörigkeit werden durch Powells Behandlung transformiert und schaffen etwas, das sowohl die romantische Absicht des Originals als auch seine ästhetische Vision ehrt. Die Platzierung des Covers hier deutet darauf hin, dass Transformation nicht immer erfordert, etwas völlig Neues zu schaffen; manchmal bedeutet es, frische Bedeutung in bestehenden Formen zu finden. “(I Wanna Be) Your Melody” dient dann als natürliche musikalische Fortsetzung des Eröffnungsstücks, teilt ähnliche klangliche DNA, während es Themen künstlerischer Verbindung und kreativer Intimität erforscht.
“Second Nature” dient als die direkteste Konfrontation des Albums mit moderner Angst, aufgebaut auf einem Fundament überzeugender Perkussion und einer täuschend einfachen, aber beeindruckenden Basslinie, die den Track vorantreibt. Hier führt Powell zusätzliche Stimmen ein – möglicherweise Familienmitglieder, möglicherweise Samples – die eine faszinierende Mehrdeutigkeit schaffen, die beide Optionen wunderschön repräsentieren könnte. Die charakteristischen Stimmbehandlungen throughout den Track fühlen sich sowohl gesampelt als auch unverkennbar menschlich an, eine wiederkehrende klangliche Signatur, die Powell im gesamten Album mit großer Wirkung einsetzt. Er katalogisiert die Arten, wie das zeitgenössische Leben uns formt – “Socialized, Hypnotized, Patronized” – bevor er die entscheidende Wahl zwischen der Betrachtung unserer Umstände als “prison” oder “prism” präsentiert. Diese Binarität verkörpert viel von der philosophischen Spannung des Albums: Fängt uns Konditionierung ein, oder können wir unsere Begrenzungen in Werkzeuge für Verständnis verwandeln?
“Soil and Soul” entsteht als zentrale Meditation über die fundamentale Dualität menschlicher Existenz und erforscht die Spannung zwischen unserer erdgebundenen Natur und spirituellen Bestrebungen. Powell konfrontiert die archetypischen Mythen, die unser Identitätsverständnis prägen – Geburt, Materie und das Konzept des “Falls” – während er den charakteristisch australischen kulturellen Bezug des “tall poppy syndrome” einwebt. Diese Einfügung kultureller Spezifität verankert die universellen Themen in Powells eigener Erfahrung und deutet darauf hin, wie kollektive Einstellungen zu Ehrgeiz und Selbstbehauptung das individuelle Bewusstsein formen. Die Struktur des Tracks spiegelt seinen thematischen Inhalt wider und bewegt sich zwischen “undercurrent and overtone”, “undertow and overflow”, wodurch eine klangliche Darstellung des Hin und Her zwischen materiellen und spirituellen Bereichen entsteht. Hier scheint Powell nicht dafür zu plädieren, zwischen Erde und Seele zu wählen, sondern ihre untrennbare Natur zu erkennen – dass unsere spirituelle Reise notwendigerweise unsere physische Existenz einschließen muss, anstatt sie zu transzendieren.
Das Konzept erreicht seinen abstraktesten Ausdruck in “Psychonaut”, wo Powell untersucht, wie wir unsere Realität durch Projektion und Reflexion erschaffen. Der Track dient als spiritueller Höhepunkt des Albums und plädiert explizit für innere Erkundung über äußere Suche. Powells Botschaft ist klar: Die Antworten, die wir äußerlich suchen, existieren bereits in unserem Bewusstsein. Die wiederholte Phrase “Existence loves, Love love” wird zu einer kosmischen Affirmation und deutet darauf hin, dass Liebe nicht nur eine Emotion, sondern eine fundamentale Kraft der Realität ist. Ob wir “in caves, or space” leben, wir operieren immer noch innerhalb unserer Wahrnehmungsblasen, geformt von dem, was er unseren “personal Ego rhythm” nennt.
Das Album schließt mit “Melt the Bells”, einem kraftvollen Aufruf zur Transformation und Vergebung. Die Bildsprache schmelzender Kirchenglocken deutet darauf hin, sich von institutioneller Religion hin zu einer persönlicheren Spiritualität zu bewegen. Powells Direktive, “run into the forest” und “run into the dark”, plädiert dafür, das Unbekannte zu umarmen, anstatt an vertrauten Strukturen festzuhalten.
Musikalisch schafft Powells Mischung aus organischen Instrumenten mit synthetischen Texturen eine angemessen traumhafte Atmosphäre. Die verarbeiteten Stimmen der ‘Speekers’ fügen eine unheimliche Qualität hinzu, die die Albumthemen künstlichen Bewusstseins und technologischer Vermittlung menschlicher Erfahrung verstärkt. Durch das gesamte Album hindurch verwendet Powell einen charakteristischen stimmlichen Ansatz – Stimmen, die zwischen menschlich und gesampelt schweben und eine erkennbare Signatur schaffen, die die Sammlung vereint. Dieses wiederkehrende stimmliche Motiv, kombiniert mit der konsistenten klanglichen Palette des Albums, schafft ein kohärentes Hörerlebnis, in dem sich jeder Track wie eine natürliche Erweiterung des letzten anfühlt.
“Touch Wood” gelingt sowohl als künstlerisches Statement als auch als philosophische Erkundung. Während einige Tracks stark zur Abstraktion neigen, verankert Powell seine kosmischen Untersuchungen in erkennbaren menschlichen Erfahrungen – Liebe, Familie, Arbeit, Wahl. Das Ergebnis ist ein Album, das aufmerksames Hören belohnt, während es emotional zugänglich bleibt. Dies ist nachdenkliche, herausfordernde Musik, die Powell als einzigartige Stimme im zeitgenössischen experimentellen Folk positioniert. “Touch Wood” bestätigt, dass die tiefgreifendsten Transformationen oft mit dem einfachen Akt des Innenblicks beginnen. (8/10)