Wolfgang Muthspiel – Etudes, Quietudes

Bei Maxazine beschäftigen wir uns nicht oft mit klassischer Musik, aber manchmal kommt ein Album vorbei, das besondere Aufmerksamkeit verlangt. Das neue Album “Etudes, Quietudes” des renommierten österreichischen Gitarrenvirtuosen Wolfgang Muthspiel ist eine solche Ausnahme, die die Regel bestätigt. Bekannt für seine Zusammenarbeit mit Legenden wie Gary Burton und Brad Mehldau überrascht Muthspiel uns mit einer Sammlung klassischer Gitarrenstücke, die atemberaubend schön ausgeführt sind.

Das Album ist genau das, was der Titel verspricht: eine Reihe von Etüden, die verschiedene Aspekte des Gitarrespiels erkunden, verpackt in durchdachten Kompositionen. Der zweite Teil des Titels, “Quietudes”, deutet auf einen Zustand harmonischen Gleichgewichts hin, in dem Reife, Lebensfreude und Ruhe vereint sind—ein ehrgeiziges Versprechen, das Muthspiel auf diesem Album voll und ganz einlöst.

Jedes der siebzehn Stücke auf dem Album ist ein kleines Meisterwerk für sich. Nehmen wir zum Beispiel “Triplet Droplet”, in dem Muthspiel mit erstaunlicher technischer Beherrschung die Möglichkeiten gezupfter Triolen erkundet. Sein Hintergrund in Jazz und klassischer Musik verschmilzt hier wunderschön, was zu einem Stück führt, das sowohl technisch beeindruckend als auch emotional berührend ist. In “Melting Chords”, Etüde Nr. 8, demonstriert er seine Meisterschaft über Harmonie mit Akkordfolgen, die sowohl überraschend als auch bewegend sind.

Was dieses Album von vielen anderen klassischen Gitarrenaufnahmen unterscheidet, ist Muthspiels Fähigkeit, technische Perfektion mit emotionaler Tiefe zu kombinieren. Dies ist keine klinische Demonstration von Gitarrentechnik, sondern eine Serie von Kompositionen, in denen jedes technische Element dazu dient, eine musikalische Geschichte zu erzählen. Seine Erfahrung als Eigentümer von Material Records und seine jahrelange Zusammenarbeit mit verschiedenen musikalischen Größen haben eindeutig zu seiner verfeinerten musikalischen Vision beigetragen.

Ein besonderes Highlight ist seine Interpretation von Bachs Sarabande aus der Suite in g-Moll. Muthspiel spielt dieses oft gespielte Stück mit erfrischender Klarheit und Offenheit, wobei seine klassische Technik und reine Intonation dem Stück neue Dimensionen verleihen. Es ist eine Interpretation, die sowohl der ursprünglichen Komposition als auch Muthspiels eigener musikalischer Persönlichkeit gerecht wird.

Das Album endet mit “For Bill Evans”, einem Tribut an den legendären Jazzpianisten. Hier lassen Muthspiels Jazzwurzeln in einem klassischen Gewand aufblitzen, während er meisterhaft eine Gitarrenkomposition kreiert, die die pianistische Essenz von Evans’ Stil einfängt. Es ist eine brillante Metamorphose, die die Brücke zwischen klassischer und Jazzmusik schlägt.

“Etudes, Quietudes” ist mehr als eine Sammlung technischer Übungen; es ist ein Kunstwerk, in dem Virtuosität und Emotion perfekt im Gleichgewicht stehen. Die Liebe zum Detail, der durchdachte Aufbau jedes Stücks und die allgemeine Produktionsqualität machen dies zu einem absoluten Höhepunkt in Muthspiels ohnehin schon beeindruckender Diskografie.

Für Liebhaber der Gitarrenmusik, unabhängig von ihrer Vorliebe für Klassik oder Jazz, ist dieses Album ein Muss. Es ist ein ideales Geschenk für die bevorstehende Feiertagssaison und ein Album, das bei jeder Anhörung neue Details preisgibt. (9/10) (Clap Your Hands)

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