Übersicht über die Albumrezensionen: Lucinda Williams, Kitschkrieg und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Lucinda Williams – Sings the Beatles from Abbey Road

Als Veteranin der amerikanischen Roots-Musik wagt sich Lucinda Williams, die sich 2020 von einem Schlaganfall erholte, auf eine Pilgerreise nach Abbey Road. Das Ergebnis? Eine intime Begegnung zwischen ihrer rauen Stimme und dem heiligen Songbook der Beatles. “Lucinda Williams Sings the Beatles from Abbey Road” verwandelt bekannte Melodien in persönliche Bekenntnisse. In “Let It Be” klingt jede Silbe, als wäre sie in Bourbon und Lebenserfahrung getränkt – eine Hymne, die in Williams’ gebrochenem Timbre endlich ihre Erlösung findet. Harrisons “Something” erfährt eine noch beeindruckendere Metamorphose, wie ein Liebesbrief, geschrieben in den kleinen Stunden einer schlaflosen Nacht. Nicht jede Interpretation trifft den magischen Nerv, aber Williams’ Authentizität bleibt selbst in den Unvollkommenheiten erhalten. Dies ist kein revolutionäres Album, sondern eher eine warme Hommage an zeitlose Songs, die hier erneut beweisen, warum sie ewig sind. Ein Album wie ein Glas alter Whiskey: vertraut, aber immer noch in der Lage zu überraschen. (Anton duPont) (6/10) (Highway 20 Records)

Lauren Mayberry – Vicious Creature

An der Grenze zwischen Indie-Elektronik und reiner Popmusik entfaltet sich Lauren Mayberry wie ein Schmetterling, der endlich seinen Kokon verlässt. Mit “Vicious Creature” präsentiert die Chvrches-Frontfrau ein überraschend vielseitiges Debütalbum, das im Dezemberlicht wie ein frisch geschliffener Diamant funkelt. Der Eröffnungstrack “Something in the Air” setzt sofort den Ton – eine kristallklare Stimme, die sich ihren Weg durch einen Wald moderner Produktion bahnt, wobei sich Mayberrys charakteristischer Sopran mühelos in die von Dan McDougall verfeinerten Klänge einfügt. Die Produktion ist hochmodern, aber es sind die persönlichen Geschichten und feministische Untertöne, die dem Album seine Seele verleihen. Die zwölf Tracks bilden ein Kaleidoskop an Stilen, von theatralischen Musical-Einflüssen bis hin zu pointierten Pop-Punk-Ausflügen, alles vereint durch Mayberrys authentischen Gesang und ihre scharfe Feder. Ihre Zusammenarbeit mit Produzenten wie McDougall erweist sich als goldener Griff – jeder Song klingt wie ein potenzieller Radiohit, ohne an künstlerischer Integrität einzubüßen. Dies ist kein halbherziger Solo-Ausflug, sondern eine reife künstlerische Aussage, die darauf hindeutet, dass Mayberrys Zukunft vielleicht über Chvrches hinausgeht. Ein beeindruckendes Debüt, das Lust auf mehr macht. (Jan Vranken) (8/10) (Universal)

Emilia Sisco – Introducing Emilia Sisco

Mit “Introducing Emilia Sisco” präsentiert diese finnische Sängerin ein Album, das zwischen Hommage und vorsichtiger Erkundung der Soul- und Rhythm-&-Blues-Landschaft schwebt. Die Produktion von “Cold Diamond & Mink” hüllt Siscos Stimme in einen warmen, analogen Glanz, der direkt in die goldenen Tage der Soul-Musik zurückversetzt. In Songs wie “Don’t Believe You Like That” und “Trouble” zeigt Sisco ein unverkennbares stimmliches Talent, ihre Stimme durchdrungen von den Traditionen großer Künstlerinnen wie Aretha Franklin und Etta James. Die Produktion ist meisterhaft ausgeführt, mit einer authentischen Vintage-Textur, die zum Klang von Timmion Records passt. Doch wo diese musikalischen Vorbilder in jeder Note ihre Seele offenbarten, scheint Sisco noch auf der Suche nach ihrer eigenen Stimme zu sein. Der Opener “Say Yes” ist exemplarisch für das Album insgesamt – technisch makellos, aber etwas zurückhaltend in seiner emotionalen Hingabe. Es ist, als sähen wir eine Künstlerin, die sich noch nicht vollständig aus den Zwängen ihrer Einflüsse befreit hat. Während eine Sharon Jones jeden Song in einen rohen Diamanten aus purer Emotion verwandelte, bleiben Siscos Interpretationen oft auf der sicheren Seite. Dieses Debüt ist zweifellos ein angenehmes Album, das für sein Handwerk Respekt verdient, aber den letzten Schub zur Größe vermissen lässt. Ein vielversprechender Anfang, der Raum für Wachstum lässt. (Elodie Renard) (7/10) (Timmion Records)

Nils Frahm – Paris

In der stillen Architektur der Philharmonie de Paris entfaltet sich mit “Paris” ein Meisterwerk, das die künstlerische Entwicklung von Nils Frahm kristallisiert. Dieses Konzertalbum, aufgenommen im März 2024, ist eine delikate Balance zwischen Kontemplation und Virtuosität, bei der akustische Wärme mit elektronischen Klanglandschaften verschmilzt. Wie ein moderner Alchemist verwandelt Frahm den Konzertsaal in ein Klanglabor. Der Auftakt mit Glasharmonika schwebt wie ein ätherischer Nebel durch den Raum, bevor er in seine charakteristische Klavierarbeit übergeht. Bemerkenswert ist, wie er, dem Publikum den Rücken zugewandt, eine intime Erfahrung für zweitausend Seelen schafft – ein Paradoxon, das seine künstlerische Vision unterstreicht. Das Album webt einen Teppich aus Erinnerungen, wobei Stücke aus “Some” und “Spells” nahtlos mit “Opera” verschmelzen, vielleicht dem spannendsten Stück dieses Albums. Jedes Werk erfährt in seinen Händen eine Metamorphose, als wären die Partituren lebendige Organismen, die sich an den Moment anpassen. Was “Paris” besonders macht, ist die organische Verschmelzung von Struktur und Spontanität, wobei Frahms technische Beherrschung nie seine emotionale Eloquenz überschattet. Ein Album, das einen Künstler auf dem Höhepunkt seines Schaffens zeigt. Keine Popmusik, sondern Quinoa für die Seele. (Jan Vranken) (9/10) (Leiter)

Kitschkrieg – German Engineering Zwei

Auf den Spuren deutscher Perfektion liefert das Produzentenkollektiv KitschKrieg eine raffinierte Reise ins Herz der amerikanischen Trap-Szene. Dieses neue Album ist eine delikate Fusion europäischer elektronischer Finesse und der rohen Energie der musikalischen Landschaft Atlantas. Während ihre frühere Arbeit durch eine eklektische Sammlung von Kollaborationen geprägt war, präsentiert dieses Album eine fokussiertere Vision. Die Produzenten Fiji Kris und Fizzle schaffen eine kohärente Klanglandschaft, in der sich Atlantas Beste zu Hause fühlen, wie sich zeigt. Von Futures charakteristischer Autotune-Melancholie bis zu Mariah The Scientists ätherischen Vocals auf “Too Fast” – jeder Track fühlt sich an wie ein sorgfältig kalibriertes Treffen zweier Welten, ausgeführt mit deutscher Präzision. Besonders beeindruckend ist, wie KitschKrieg ihre elektronische DNA beibehalten, während sie sich durch die südlichen Trap-Gewässer navigieren. Tracks wie “Sky High” pulsieren mit Rave-Energie, während das abschließende “Berlin Perm” eine hypnotisierende Techno-Odyssee bildet, die eine Brücke zwischen Berghain und Magic City schlägt. Die Produktion ist kristallklar, die Kollaborationen durchdacht und die Balance zwischen Innovation und Zugänglichkeit hervorragend. Einige Tracks hätten etwas mehr Kante vertragen können, aber die Gesamtausführung ist beeindruckend. Deutsche Gründlichkeit at its best. (Elodie Renard) (8/10) (Soulface Records GMBH)

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