Übersicht über die Albumrezensionen: Adrian Crowley, Thundermother und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Max Case – More Than I Knew

‘This song is good and everybody plays good.’ Das war die Erklärung, die der junge Gitarrist Max Case auf Instagram zur Veröffentlichung seiner ersten Single “More Than I Knew” schrieb. Und alle bedeutet in diesem Fall Dylan Coleman und Tyler Cravines an Bass und Schlagzeug, denn das sind die einzigen anderen Musiker, die man auf dem gleichnamigen Album hört, das jetzt vorliegt. Case zeigt, dass er definitiv ein vielseitiger Gitarrist ist. Von Smooth Jazz auf einer Hollowbody in “L.B.”, bis hin zu völlig verzerrter E-Gitarre in “Western” und solo, sehr intim akustisch im Schlussstück “You Were There Too”. Case beweist absolut, dass er ein Talent ist, das viele Stile beherrscht. Everybody plays good. Ja, das stimmt. Reicht das aus, um ein spannendes Album abzuliefern? Es ist alles sehr innerhalb der Linien. Technisch perfekt, aber hier trennen sich die Schüler von den Meistern. Die Meister wissen, wie sie mit einem einzigen Anschlag, einer einzigen Note, an genau der richtigen Stelle und mit genau der richtigen Intention das Herz treffen müssen. Dann muss es nicht technisch perfekt sein. Ganz im Gegenteil. Case ist eindeutig ein brillanter Gitarrist und die Kompositionen sind stark genug. Dies ist ein Fall von: Lass dich mal gehen. In einem Stück hören wir, was passieren kann: In “Western” wird der Overdrive eingeschaltet und Case klingt plötzlich wie eine Kreuzung zwischen Gilmour und Hendrix. Davon wollen wir mehr hören, auch weil Case hier den Perfektionismus loslässt und die Saiten die Arbeit machen lässt. Auf seinem Instagram gibt es ein Video, in dem sich seine Finger beim Üben des Intros von “Church Street Blues” von Tony Rice blau spielen. ‘Ich habe es jetzt gelernt und kann das Tempo immer noch nicht halten,’ schreibt Case. Das ist das Problem. Es muss nicht sein. Lass das los und spiele vor allem aus dem Bauch heraus. Dann entsteht wirklich etwas Schönes. (Jeroen Mulder) (6/10) (Redhill Records)

Adrian Crowley – Measure of Joy

Während der Winter sich noch an die Abende klammert, kommt Adrian Crowleys neues Album “Measure of Joy” genau zur richtigen Zeit. Mit diesen elf Kompositionen liefert der in Dublin ansässige Songwriter eine Sammlung von Geschichten, die wie ein mitternächtliches Gespräch am schwelenden Kaminfeuer klingen. Erneut arbeitete er mit Produzent John Parish zusammen, bekannt durch seine Arbeit mit PJ Harvey und kürzlich noch Dry Cleanings “Sumpwork”, und diese Zusammenarbeit trägt wieder Früchte. Crowleys tiefer Bariton, dunkel wie Eichenholz und reich wie gereifter Whiskey, findet seinen Weg durch intime Klanglandschaften. Die Vergleiche mit Leonard Cohen kommen von selbst, fühlen sich aber verdient an – besonders im Titelstück, wo Nadine Khouris Hintergrundgesang sich wie Zigarettenrauch durch Crowleys Worte webt. Dies ist Erzählkunst in ihrer reinsten Form, Musik, die volle Aufmerksamkeit verlangt. Für diejenigen, die Zuflucht vor der Hektik des Alltags suchen, bietet “Measure of Joy” einen willkommenen Hafen. Mit angekündigten intimen europäischen Auftritten am Horizont bekommen Liebhaber die Chance, diese Geschichten so zu erleben, wie sie gedacht sind – in kleinen Sälen, wo jedes Wort zählt und jede Note nachhallt. (8/10) (Jan Vranken) (Valley of Eyes Records)

LA BOA meets Tony Allen

Eine unerwartete Begegnung zwischen zwei Welten, das ist es, was wir auf “La BOA Meets Tony Allen” hören. Das neue Album der kolumbianischen Afrobeat-Formation La BOA, aufgenommen mit dem 2020 verstorbenen Großmeister Tony Allen, fühlt sich an wie ein Gespräch, das etwas zu spät stattfindet. Allens charakteristisches Schlagzeug, 2011 für das Pariser Comet Records aufgenommen, bildet das schlagende Herz dieser posthumen Zusammenarbeit. Von ihrer Heimatbasis Casa Mambo in Bogotá aus hat La BOA das Erbe von Allen und Fela Kuti zu ihrem eigenen gemacht. Die Band, unter der Leitung von Produzent Daniel Michel, übersetzt die pulsierenden Rhythmen in ihr eigenes kolumbianisches Idiom. Es resultiert in einem faszinierenden Spiel kultureller Echos: Nigerianische Trommeln, die mit karibischer Percussion resonieren, Bläser, die zwischen Lagos und Latin schweben, und eine Produktion, die sowohl der Tradition Ehre erweist als auch nach vorne blickt. Das Timing dieser Veröffentlichung ist ironisch – Afrobeat scheint derzeit lebendiger denn je, mit neuen Generationen, die das Genre wiederentdecken und neu definieren. La BOA beweist sich hier als würdiger Erbe, aber dennoch beschleicht einen beim Hören ein leicht melancholisches Gefühl. Denn wie integer und kundig dieser posthume Dialog auch ausgeführt ist, man sehnt sich nach dem, was hätte sein können: ein echtes Gespräch zwischen diesen Musikern, mit Allen noch am Leben, reagierend auf die frische Energie, die diese Kolumbianer seiner Musik hinzufügen. Eine verdiente 7/10 für diese Veröffentlichung, die vor allem zeigt, wie grenzenlos die Wirkung von Allens musikalischem Vermächtnis ist. Aber ehrlich gesagt: Lieber hätten wir den Maestro noch einmal selbst hinter seinem Schlagzeug Platz nehmen sehen. (7/10) (Jan Vranken) (Planet Woo/Comet Records)

Oklou – Choke Enough

Wie eine nächtliche Straßenfahrt durch elektronische Landschaften präsentiert Oklou ihr Debütalbum “Choke Enough”. Die französische Produzentin und Sängerin Marylou Mayniel hat zweieinhalb Jahre an dieser Platte gefeilt, die zwischen experimentellem Artpop und zugänglicher Elektronik balanciert. Zusammen mit Produzent Casey MQ und prominenten Gästen wie Danny L Harle und A.G. Cook erschafft sie ein klangliches Universum, das an die frühen Entdeckungsreisen von Grimes erinnert, allerdings mit einem verhaltenerem, fast filmischen Ansatz. Die Zusammenarbeit mit Bladee auf “Blade Bird” und Underscores fügt ihrer traumhaften Klanglandschaft interessante Kontraste hinzu. Mit einer Spielzeit von 35 Minuten ist “Choke Enough” kompakt, aber jeder Moment wird genutzt. Das Album zeigt eine Künstlerin, die ihre eigene Stimme in der überfüllten Landschaft der elektronischen Popmusik gefunden hat, auch wenn diese Stimme manchmal noch suchend klingt. Eine 7 von 10 ist eine passende Bewertung für dieses vielversprechende Debüt, das genau genug Mut und Eigenständigkeit zeigt, um gespannt darauf zu sein, was noch kommen wird. (7/10) (Elodie Renard) (Because Music)

Thundermother – Dirty & Divine

Der Weg von Thundermother scheint endlos, eine Highway, die sich von Stockholm bis zum Horizont des Hardrock erstreckt. Mit “Dirty & Divine” erreichen sie erneut eine Tankstelle auf dieser Route, aber das Benzin beginnt immer mehr nach verwässerter Cola zu schmecken. Die Geschichte von Frontfrau Filippa Nässil liest sich wie eine klassische Rock-Geschichte: das Mädchen, das mit einer Gitarre und einem Traum in die große Stadt zieht. Nach verschiedenen Besetzungswechseln, die an Spinal Tap erinnern, steht sie immer noch da, wie der Keith Richards dieser schwedischen AC/DC-Tribute-Band. Aber wo Richards’ Riffs Geschichte schrieben, klingen die Gitarrenparts auf “Dirty & Divine” wie Kopien von Kopien, gefaxt aus einem vergessenen Proberaum von 1975. Die Produktion ist straff, das stimmt. Jeder Refrain kommt wie ein Shot Jack Daniels – vorhersehbar brennend, aber ohne Überraschungen. Guernica Mancinis Stimme hat die richtige rohe Energie, singt aber Texte, die klingen, als wären sie von einer KI generiert worden, die ausschließlich mit Bon Scott-Texten und Bierdeckeln gefüttert wurde. Es ist alles so ordentlich innerhalb der Linien gefärbt, dass man fast vergisst, dass Rock ‘n’ Roll einmal gefährlich war. Die Gitarrensoli sind wie Fahrbahnmarkierungen auf einer Autobahn: Man weiß genau, wann sie kommen und wohin sie führen. Die Drums donnern fort wie ein gut gewarteter Dieselmotor – zuverlässig, aber ohne das wilde Herz, das einst den Punk entstehen ließ. Irgendwo in einer verrauchten Kneipe wird dieses Album perfekt klingen, versteckt zwischen dem Klirren von Gläsern und spätnächtlichen Gesprächen. Aber in der kalten Nüchternheit des Morgens bleibt wenig mehr als eine vage Erinnerung an etwas, das einmal rebellisch war. Thundermother ist nicht schlecht – sie sind einfach vorhersehbar, wie eine Coverband, die ihre eigenen Songs spielt. “Dirty & Divine” ist wie ein Hamburger bei einem Straßenrestaurant: Es füllt den Magen, aber man wird sich nicht an den Geschmack erinnern. (5/10) (Anton Dupont) (AFM Records)

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