Übersicht über die Albumrezensionen: David Byrne, Suede und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Oleksandr Kolosii – Crossed Sounds

Der polnisch-dänische Saxophonist Oleksandr Kolosii liefert mit seinem neuesten Album einen überzeugenden Beweis seines reiferen Sounds. Nach seinen gepriesenen Alben “Multicolored” und “Paws Up” kommt Kolosii nun mit seinem neuesten, unterstützt von Alex Sipiagin an der Trompete, Lorenz Kellhuber am Klavier, Makar Novikov am Kontrabass und Donald Edwards am Schlagzeug. Das Album zeigt Kolosiis Fähigkeit, Bebop mit osteuropäischen Melodien und weltlichen Rhythmen zu mischen. Sein Tenorsax hat einen warmen Klang, der die großen Hard-Bop-Meister ehrt, aber mit einer zeitgenössischen Schärfe, die seine klassische Ausbildung widerspiegelt. Die Zusammenarbeit mit Veteran Sipiagin erweist sich als besonders fruchtbar, wobei ihre zweistimmigen Improvisationen das Herz verschiedener Kompositionen bilden. Kellhubers lyrischer und perkussiver Klavieransatz schafft Raum für Kolosiis atemberaubende Soloarbeit, während Novikov und Edwards eine vielseitige Rhythmusgruppe bilden. Obwohl einige experimentelle Übergänge forciert wirken und die Albumdauer etwas lang ausfällt, bleibt dies ein Statement eines Künstlers, der seine eigene Stimme innerhalb der Jazz-Tradition gefunden hat. Das Album verspricht genau das, was der Titel andeutet: eine Kreuzung von Einflüssen, die zu etwas Neuem und Wertvollem führt. (Norman van den Wildenberg) (8/10) (Alta Jazz Records)

Suede – Antidepressants

Nach mehr als drei Jahrzehnten beweisen Brett Anderson und Co., dass die Britpop-Götter noch lange nicht ausgesungen sind. “Antidepressants” klingt wie das Werk einer Band, die sowohl die Nostalgie umarmt als auch der Zukunft entgegentritt, was zu ihrem vitalsten Album seit “Dog Man Star” führt. Der Titel ist kein Zufall; dies ist ein Album über das Überleben, über das Finden von Licht in der Dunkelheit. Andersons Stimme hat über die Jahre eine zusätzliche Schicht Melancholie erhalten, die perfekt zum ausgereiften Songwriting passt. “Disintegrate” eröffnet mit vertrautem Suede-Drama, fühlt sich aber frischer an, als man von einem Comeback-Album erwarten würde. Gitarrist Richard Oakes, nun schon mehr als zwei Jahrzehnte in der Band, hat seine eigene Identität neben Bernard Butlers Erbe gefunden. Sein Spiel auf “Trance State” kombiniert die theatralische Größe des klassischen Suede mit subtilen modernen Einflüssen. Die Produktion des langjährigen Mitarbeiters Ed Buller gibt den Songs Raum zum Atmen, ohne die charakteristische Intensität zu verlieren. “Sweet Kid” zeigt die Band in ihrer verletzlichsten Form, mit Andersons Texten über Elternschaft und vergehende Zeit. Es ist ein Thema, das er mit einer neuen Sensibilität angeht, weit entfernt von der Glam-Haltung vergangener Zeiten. Das Album neigt allerdings dazu, manchmal zu sehr in eigene Klischees zu verfallen. “The Silver Engine” fühlt sich wie eine Wiederholung früherer Triumphe an, ohne neue Erkenntnisse hinzuzufügen. Aber wenn alles stimmt, wie im epischen “Antidepressants” selbst, beweisen Suede, dass ihre Fähigkeit, persönlichen Schmerz in universelle kathartische Momente zu verwandeln, ungemindert ist. (Anton Dupont) (7/10) (BMG)

Curtis Harding – Departures & Arrivals: Adventures Of Captain Curt

Der aus Atlanta stammende Soul-Troubadour Curtis Harding hat mit seinem fünften Album ein ambitioniertes Konzeptwerk abgeliefert, das sowohl seine Wurzeln ehrt als auch neue Territorien erkundet. “Departures & Arrivals” nimmt die Hörer mit auf eine psychedelische Reise durch verschiedene Musikstile, alle gefiltert durch Hardings unwiderstehliche Retro-Soul-Ästhetik. Das Album, größtenteils live aufgenommen, atmet eine organische Wärme aus, die perfekt zu Hardings erzählerischen Ambitionen passt. Das Konzept des Reisens, sowohl physisch als auch spirituell, gibt ihm den Raum, mit Afrobeat-Einflüssen auf “Lagos Boogie” und Dub-Reggae-Texturen auf “Kingston Departure” zu experimentieren. Das Live-Setup sorgt für eine Kohäsion, die vielen Konzeptalben fehlt. Jeder Song fließt natürlich in den nächsten über, unterstützt von seiner Stammband, die die Songs offensichtlich in- und auswendig kennt. Bassist MonoNeons Beiträge sind besonders bemerkenswert; sein melodischer Spielstil verleiht sogar den schwersten Soul-Workouts eine moderne Schärfe. “Sister’s Love” zeigt Harding von seiner persönlichsten Seite, während “Funky Captain” ihn als den Entertainer zeigt, der seine Live-Shows so denkwürdig macht. Obwohl einige konzeptuelle Segmente etwas lang wirken, gelingt es Harding, ein Album zu machen, das sowohl als Ganzes als auch in Teilen funktioniert. (Jan Vranken) (8/10) (Anti Records)

The Hives – The Hives Forever Forevers The Hives

Nach langer Abwesenheit kehren die schwedischen Garage-Rock-Terrier mit einem Album zurück, das beweist, dass ihr geradliniger Ansatz von Rock ‘n’ Roll immer noch relevanter ist als die meisten Hipster-Trends. “The Hives Forever Forevers The Hives” (allein der Titel ist pure Hives-Arroganz) tut genau das, was man erwartet: 30 Minuten Vollgas-Rock ohne Entschuldigungen. Der Opener “Bogus Operandi” geht sofort voll zur Sache, mit Pelle Almqvists unwiderstehlichem Frontmann-Charisma und dem charakteristischen Twin-Guitar-Angriff von Vigilante Carlstroem und Dr. Matt Destruction. Die Produktion hält sich weislich im Hintergrund; das ist Rockmusik, die von der Energie der Performance lebt, nicht von Studio-Tricks. Das Album wird von seiner Direktheit getragen; kein Song überschreitet vier Minuten, kein Arrangement ist komplexer als nötig. “Stick Up” sind zweieinhalb Minuten pures Adrenalin, während “The Bomb” zeigt, dass sie immer noch wissen, wie man einen perfekten Stadium-Mitsinger schreibt. Obwohl die Formel manchmal vorhersagbar wirkt, ist das auch genau der Punkt. In einer Zeit der Überproduktion und digitalen Manipulation klingen The Hives wie ein frischer Wind aus einer Zeit, als Rock ‘n’ Roll noch gefährlich und spontan war. Ihr Timing ist perfekt; nach Jahren der Indie-Zimperlichkeit wirkt ihr unkomplizierter Ansatz wieder erfrischend modern. (Jan Vranken) (7/10) (Disque Hives)

David Byrne – Who Is The Sky?

Der 73-jährige David Byrne beweist mit “Who Is The Sky?”, dass Alter nur eine Zahl ist. Sein erstes Soloalbum seit “American Utopia” (2018) ist ein fröhlicher, philosophischer Spaziergang durch das moderne Leben, aufgenommen mit dem 15-köpfigen Ghost Train Orchestra. Das Album beginnt mit “Everybody Laughs”, einer fröhlichen Abhandlung über die universelle menschliche Erfahrung: “Everyone lives, dies, laughs, cries”. Byrnes charakteristische Neugier auf das tägliche Leben zeigt sich in Titeln wie “My Apartment Is My Friend” und dem urkomischen “Moisturizing Thing”, in dem er fragt, ob es möglich ist, zu viel Feuchtigkeitscreme zu verwenden. Musikalisch bewegt sich Byrne zwischen zugänglichem Pop und Avantgarde-Experimenten. Hayley Williams (Paramore) fügt ihre Stimme zu “What Is The Reason For It?” hinzu, während Tom Skinner von The Smile afrikanische Perkussion beiträgt. Die Arrangements des Ghost Train Orchestra verleihen jedem Track eine warme, kinematographische Qualität. “The Avant Garde” ist ein spielerischer Seitenhieb auf seinen eigenen Ruf, in dem er zugibt, das Konzept lustig zu finden, aber nicht wirklich zu verstehen. Diese Selbstironie macht das Album zugänglich, selbst wenn die Musik experimentell wird. Byrne bleibt ein Meister darin, Freude im Chaos zu finden. (Elodie Renard) (9/10) (Matador)

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