Übersicht über die Albumrezensionen: Cocobolo, Seun Kuti & Egypt 80 und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Cocobolo – Consider It Done

Das Debütalbum von Cocobolo, “Consider It Done”, ist da! Ein erfrischender Sprung in einen musikalischen Spielplatz, wo Nostalgie und Innovation Hand in Hand gehen. Dieses niederländische Trio nimmt die Zuhörer mit auf eine bunte Reise durch ein Klangbild aus Surfrock, 60er Soul und 90er Hip-Hop, alles verschmolzen zu einem einzigartigen „modernen Vintage“-Sound. Der Opener “Elderflower” setzt sofort den Ton mit seiner ansteckenden Mischung aus Shadows-ähnlichen Gitarrenlinien und subtilen Reggae-Einflüssen. Jeder Track fühlt sich, wie sie selbst sagen, wie ein sorgfältig konstruiertes Lego-Bauwerk an, voller überraschender Wendungen und spielerischer Details. Die instrumentalen Kompositionen sind alles andere als langweilig; sie erzählen Geschichten ohne Worte, wobei die Musik selbst als universelle Sprache der Fantasie und Freiheit fungiert. Inspiriert von Künstlern wie Menahan Street Band und Yussef Dayes, aber mit einem völlig eigenen Sound, beweist Cocobolo, dass instrumentale Musik ebenso fesselnd sein kann wie der eingängigste Popsong. “Consider It Done” ist ein Triumph an Kreativität und Handwerkskunst, eine Ode an die grenzenlose Fantasie der Kindheit, übersetzt in erwachsene Musikalität. Ein Album zum Tanzen, aber auch zum Zuhören, bei dem bei jedem Hören eine neue Schicht enthüllt wird. (Norman van den Wildenberg) (8/10) (V2 Records)

AJ Plug – Underneath Your Skin

Das neue Album der Sängerin AJ Plug heißt “Underneath Your Skin”. Sie hat den Krebs besiegt, aber das bedeutet nicht, dass er aus ihrem Leben verschwunden ist. Dies wird bereits im Eröffnungssong “Part Of Me” deutlich. Der angenehme Rhythmus sorgt für Positivität und Stärke. “Hold Me” ist gefühlvoll gesungen. Es beginnt ruhig, wird jedoch schneller und kraftvoller. “Now You’re Gone” hat ein wunderschönes Intro. Der fließende Rhythmus wird durch ein fesselndes Gitarrenspiel ergänzt. Durch den eingängigen Rhythmus wird “Mistaken” bei Auftritten sicherlich ein Stimmungsmacher sein. Die kraftvolle Ballade “Your Love” besticht durch das perfekte Zusammenspiel von ruhigem Flow und leicht kreischender Gitarre. “Here To Stay” beginnt sanft mit akustischer Gitarre und Violinenklängen, ergänzt durch klare Vocals. Tempo und Lautstärke nehmen zu, und auch dieser Song hat eine positive Stimmung. Der Aufbau und das Ende einiger Lieder sind etwas vorhersehbar, aber die Intros sind oft gut gewählt. Die erkennbaren, manchmal leicht klischeehaften Texte sind deutlich gesungen. “Underneath Your Skin” kann eine Quelle des Trostes sein für diejenigen, die ähnliches Leid erlebt haben. (Esther Kessel-Tamerus) (8/10) (Independent Release)

Tord Gustavsen Trio – Seeing

Im reichen Landschaftsbild der skandinavischen Jazzszene bleibt das Tord Gustavsen Trio ein Leuchtturm der verfeinerten Kontemplation. Ihr neues Album “Seeing”, das im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, bestätigt erneut ihre einzigartige Position an der Schnittstelle von Jazz, norwegischer Kirchenmusik und meditativen Klängen. Mit der Hinzufügung des Bassisten und Elektronikkünstlers Steinar Raknes hat das Trio eine neue Dimension in ihrem charakteristischen Klang gefunden. “The Old Church” ist exemplarisch für ihre Herangehensweise: Gustavsens Klavier zeichnet eine Reihe bedächtiger Akkorde, die sofort die Vorstellungskraft anregen, während Raknes’ Bass wie eiskalte Wassertropfen die Spannung aufrechterhält. Schlagzeuger Jarle Vespestad, seit über zwanzig Jahren Gustavsens fester Begleiter, fügt subtile Texturen hinzu, die das Ganze aufwerten. Der Titeltrack “Seeing” demonstriert die besondere Gabe des Trios, innerhalb eines scheinbar begrenzten musikalischen Spektrums eine Welt voller Emotionen und Spannungen zu erzeugen. Die Kompositionen atmen die norwegische Tradition, überschreiten aber geografische Grenzen in ihrer universellen Ausdruckskraft. Dieses Album ist ein Höhepunkt in der jüngeren skandinavischen Jazzszene. Für Liebhaber von kontemplativem Jazz und neoklassischer Musik bietet “Seeing” ein tiefgründiges Hörerlebnis, das auch nach mehrmaligem Hören noch fesselt. Es ist eine der beeindruckendsten Veröffentlichungen des Jahres 2024. (Jan Vranken) (9/10) (ECM Records)

Seun Kuti & Egypt 80 – Heavier Yet (Lies The Crownless Head)

Auf seinem neuesten Album beweist Seun Kuti, der jüngste Sohn des Afrobeat-Pioniers Fela Kuti, erneut, warum er einer der wichtigsten Bewahrer des musikalischen Erbes seines Vaters bleibt. Als Leiter der legendären Egypt 80-Band – derselben Formation, die einst seinen Vater begleitete – liefert Seun eine kraftvolle Rückkehr zu den grundlegenden Klängen des Afrobeat. In einer Zeit, in der der Afrobeat weltweit ein Comeback erlebt, mit Bands wie Antibalas, die das Genre weitertragen, trifft Seun Kuti die bewusste Entscheidung, zu den Wurzeln des Stils zurückzukehren. Dieses Album dient sowohl als Meisterklasse als auch als Kompass und weist jüngeren Musikern den Weg zur authentischen Quelle der ewigen Afrobeat-Rhythmen, die im Shrine in Lagos ihren Ursprung fanden, wo die Kutis zuhause waren. Die Produktion des Albums fängt die rohe Energie ein, die Felas Aufnahmen so fesselnd machte. Das Zusammenspiel der Bläsersektionen folgt den klassischen Frage-und-Antwort-Mustern, die das Genre prägten, während die pulsierenden Trommeln jede Spur mit einer Intensität antreiben, die an die goldene Ära des Stils erinnert. Obwohl James Brown Elemente dieses Sounds übernommen hat, erinnert uns “Heavier Yet” daran, dass der wahre Ursprung in nigerianischem Boden liegt. Das Highlight “Dey” hätte problemlos auf eines von Felas klassischen Alben gepasst und zeigt Seuns tiefes Verständnis für die Familientradition. Seit er vor seinem zwölften Lebensjahr bei Egypt 80 eingestiegen ist und nach dem Tod seines Vaters 1997 (gemäß Felas Wünschen) die Leitung der Band übernommen hat, geht Seuns Verbindung zu dieser Musik über bloßes Erbe hinaus – es liegt ihm im Blut. Diese Rückkehr zu einem reinen Afrobeat-Sound stellt keinen Rückschritt dar, sondern vielmehr eine Bestätigung der Kraft des Genres. Das Album profitiert von Seuns zwanzigjähriger Erfahrung als Leiter von Egypt 80, einer Band, die immer noch viele Mitglieder aus der Zeit seines Vaters zählt. Diese Veteranen, die einst Bühnen – und Gefängniszellen – mit Fela in Zeiten des politischen Protests teilten, bringen eine Authentizität in die Aufnahme, die unübertroffen ist. “Heavier Yet” steht als Zeugnis für Seuns Engagement, das Kuti-Erbe zu bewahren und weiterzuführen, und zeigt, warum die grundlegenden Klänge des Afrobeat genauso vital und relevant sind wie eh und je. Es ist ein reichhaltiges, lohnendes Album, das beweist, dass die Kuti-Flamme in den Händen seines jüngsten Fackelträgers noch immer hell brennt. (Jan Vranken) (8/10) (SKE80 LLC)

Guido Belcanto – Tedere Baldadigheden

Was bekommt man, wenn man einem alternden Troubadour erlaubt, seine pubertären Gedanken in Cowboymusik umzusetzen? Die Antwort lautet: Guido Belcantos neuestes ‚Meisterwerk‘ “Tedere Baldadigheden”. Und mit ‚Meisterwerk‘ meinen wir natürlich das Gegenteil. Drei Jahre nach dem ohnehin nicht gerade erbaulichen “In de Kronkels van mijn Geest” hat der selbsternannte Volksliedsänger beschlossen, sein Publikum erneut mit dreizehn neuen Perlen der Plattheit zu beglücken. Das Album erreicht seinen intellektuellen Höhepunkt mit dem Song “Broekjes aan de Lijn”, in dem der Maestro seine tiefsten philosophischen Einsichten mit Zeilen wie ‚Deine Höschen hängen zum Trocknen auf der Leine, es macht mir auch Spaß, sie anzusehen‘ teilt. Shakespeare, friss dein Herz. Die kreative Tiefe setzt sich in Songs wie “Sex op Vreemde Plaatsen” und “Vaginale Vakantie” fort – Titel, die eher ins Notizbuch eines hormonell aufgeladenen Teenagers als ins Repertoire eines Künstlers im fortgeschrittenen Alter passen. Aber das ist Belcanto egal. Warum auch? In seinem Kopf ist er ein kulturelles Phänomen. Die musikalische Begleitung ist, ganz im Stil, nicht mehr als funktionale Cowboymusik, die als Vehikel für seine pubertäre Poesie dient. Das Ganze hat das Niveau einer mittelmäßigen Jahrmarktsattraktion, was passend ist, da Belcanto selbst immer mehr zu einer wandelnden Jahrmarktsfigur wird. Zugegeben, nach fünf belgischen Bieren an einem Sonntagnachmittag auf der Kirmes wird das sicherlich wie pure Kunst klingen. Aber das Gleiche gilt auch für das Krähen des Hahns des Nachbarn. Belcanto ist das herzlich egal – er bleibt unerschütterlich er selbst, unbeelich gegen jede Kritik oder guten Geschmack. Für diejenigen, die noch Zweifel haben: Dieses Album ist ungefähr so ernst zu nehmen wie ein Politiker auf TikTok. Aber es wird zweifellos ein großer Erfolg. Denn wie H.L. Mencken einmal sagte: ‚Niemand ist jemals pleitegegangen, indem er den schlechten Geschmack des Publikums unterschätzt hat.‘ (Jan Vranken) (4/10) (Cluster-Park)

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