Übersicht über die Albumrezensionen: Thijs Boontjes, Nachtmahr und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Thijs Boontjes – Dancing Boontjes

Auf seinem zweiten Album “Dancing Boontjes” erschafft Thijs Boontjes eine faszinierende musikalische Welt, in der Gesellschaftskritik und Lebensfreude nahtlos ineinander übergehen. Inspiriert von der Familiengeschichte einer Autowerkstatt, die sich in eine Bar mit Tanzfläche verwandelte, malt er ein Universum, in dem das Leben trotz – oder gerade wegen – seiner Unvollkommenheiten gefeiert wird. Mit “Vanavond” beginnt das Album mit einer Partyhymne à la Meeuwis. Der Sound von “Dancing Boontjes” bewegt sich mühelos zwischen verschiedenen Genres, von echter niederländischer Popmusik und rauem Rock ‘n’ Roll bis hin zu italienischer Disco und sogar einem Hauch von Punk. Songs wie “Fiasco (Gênant, Gênant)” und “Nachtportier” zeigen Boontjes’ gesellschaftliches Engagement, während “Campari Soda” die leichten Seiten des Lebens zelebriert. Sein Fender Rhodes schlängelt sich funky durch die Tracks, mit einem Höhepunkt in “Wilde haren”. Boontjes beobachtet scharf, bleibt dabei aber mild und erfasst die menschliche Ungeschicklichkeit wie kaum ein anderer in Text und Musik. Die warme und lockere Produktion passt perfekt zum gelebten Charakter der Songs. “Dancing Boontjes” ist ein wunderbares Album, das sowohl gesellschaftlich relevant als auch tanzbar ist und Platz für Lachen und Weinen bietet. Es beweist, dass die niederländische Popmusik im Jahr 2024 lebendig ist. (Norman van den Wildenberg) (8/10) (Excelsior)

Clara Luciani – Mon Sang

Auf ihrem dritten Soloalbum “Mon Sang” beweist Clara Luciani, ehemalige Sängerin von La Femme, erneut ihre einzigartige Stellung in der französischen Popmusik. Das Album, das während ihrer Schwangerschaft entstand, ist ein intimes und gleichzeitig groß angelegtes Werk, das sich auf persönliche Reflexionen konzentriert. Sages durchdachte und vielschichtige Produktion glänzt besonders in den Streicherarrangements, die Tracks wie “Cette vie” und “Tout pour moi” aufwerten. Das grunge-artige “Allez” zeigt eine rauere Seite von Luciani, während “Romance” mit seiner spontanen, fast instinktiven Natur beeindruckt. Lucianis Stimme bleibt ihre größte Stärke, die sie sowohl im epischen Titeltrack als auch im zurückhaltenderen “Chagrin d’ami,” einem seltenen Lied über Freundschaftsschmerz, kraftvoll einsetzt. Sie lässt sich klar von der klassischen französischen Chansontradition inspirieren, gibt dieser aber eine moderne Note. Obwohl nicht jedes Experiment vollständig gelingt, ist “Mon Sang” ein solides Album, das Lucianis Ruf als eine der spannendsten Stimmen der modernen französischen Popmusik festigt. (Elodie Renard) (7/10) (Romance Musique)

Nachtmahr – Verboten!

Das neueste Album der österreichischen Industrial-Band Nachtmahr, “Verboten!,” ist eine düstere Reise durch industrielle Exzesse. Die 11 Tracks pulsieren mit unerbittlichen Beats und unheilvollen Atmosphären und zeigen Nachtmahrs kompromisslose Umarmung von Tabus. Das Album beginnt mit dem kraftvollen “Sirenen,” das die Hörer sofort in eine dystopische Welt entführt. Tracks wie “Luzifer” und “Blut” strotzen vor aggressiver Intensität, während “Nachtetüde” und “Spuren Einer Nacht” Momente unheimlicher Introspektion bieten. Während “Verboten!” dem typischen Stil der Band treu bleibt, erkundet es komplexere Produktionen, die jedem Track mehr Tiefe verleihen. Diese Verfeinerung schmälert nicht die unbarmherzige Energie, für die Nachtmahr bekannt ist, sondern erreicht eine perfekte Balance zwischen roher Industrial-Kraft und dunkler elektronischer Anziehungskraft. Der Sound erinnert an eine ruhigere, disco-inspirierte Version von Rammstein, mit Schwerpunkt auf Atmosphäre und Elektronik statt Bombast. Das Highlight “Der Schwarze Mann” kombiniert bedrohliche Synthie-Linien mit mechanischen Untertönen und zeigt Nachtmahrs Fähigkeit, viszerale, filmische Klanglandschaften zu schaffen. Dieses Album positioniert Nachtmahr als faszinierende Version industrieller Brutalität. “Verboten nicht zuzuhören!” (Norman van den Wildenberg) (7/10) (Trisol Music Group GmbH)

Cavalier and Child Actor – Cine

Child Actor und Cavalier haben mit “Cine” ein bemerkenswert durchdachtes Album geschaffen, das die Essenz des Underground-Hip-Hop perfekt einfängt. Die Produktion ist sorgfältig und vielschichtig, mit einem meditativen Unterton, der bereits im Eröffnungstrack “Sojourn” spürbar ist. Obwohl das Album nie explosiv wird, liegt genau darin seine Stärke – es ist der perfekte Soundtrack für alltägliche Kontemplation. Child Actors unverwechselbarer Produktionsstil, bekannt aus Kollaborationen mit Navy Blue und Armand Hammer, bietet eine nahtlose Grundlage für Cavaliers nachdenklichen Flow und scharfe Beobachtungen. Der herausragende Track “Knight of the East” fängt die authentische New Yorker Essenz klar ein. Über zehn Tracks hinweg schafft das Duo eine konsistente Atmosphäre, die durchgehend fesselt. Das Albumcover verdient besondere Erwähnung – ein visuelles Kunstwerk, das die musikalischen Inhalte perfekt widerspiegelt. “Cine” beweist, dass Underground-Hip-Hop immer noch mit seiner Subtilität und Tiefe überraschen kann. (Elodie Renard) (7/10) (Backwoodz Studios)

2Frères – Science Humaine

Das quebecische Folk-Duo 2Frères kehrt nach zehn Jahren erfolgreicher Musik mit seinem fünften Album “Science humaine” zurück. Die Brüder Erik und Sonny Caouette, mittlerweile eine der beliebtesten Acts in Quebec, übernehmen erstmals selbst die künstlerische Leitung und Produktion, was zu einer erfrischenden Wendung in ihrer musikalischen Karriere führt. In Zusammenarbeit mit Gautier Marinof produziert, zeigt das Album einen reifen Sound, der über ihre übliche Folk-Pop-Ästhetik hinausgeht. Die Brüder experimentieren mit verschiedenen Stilen und integrieren Prog-Rock- und Punk-Rock-Elemente, wie im energiegeladenen Track “Immortels” zu hören ist. Ein besonderer Höhepunkt ist “Croire en nous,” aufgenommen in den legendären Abbey Road Studios in London, wo sie die gleichen Mikrofone wie die Beatles verwendeten. Für die Songtexte arbeiteten sie mit bekannten Namen und neuen Talenten zusammen, darunter Marc Dupré und Alexandre Poulin. Die Texte sind diesmal weniger offensichtlich optimistisch, was ein authentischeres und vielschichtigeres Hörerlebnis schafft. Das Album zeigt deutlich das künstlerische Wachstum des Duos, das auch nach einem Jahrzehnt immer noch zu überraschen weiß. (Jan Vranken) (7/10) (2Freres/Musicor)

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