Übersicht über die Albumrezensionen: Ben Mazué, Panda Bear und mehr
|Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
Nanani Haruta – The Vibe
Eigentlich gibt es nur eine echte Referenz, wenn es um die Posaune im Jazz geht: Jay Jay Johnson. Sein Magnus Opus “The Eminent” erschien vor einigen Jahren auf einem wunderschönen Doppelalbum. Die Posaune ist ein schwieriges Instrument im Jazz, umso lobenswerter ist es, wenn ein junger Jazzmusiker die Herausforderung annimmt. Die Japanerin Nanani Haruta begann am Klavier, wechselte aber später zum Blechblasinstrument. “The Vibe” ist ihr Debüt, das fast selbstverständlich mit einem Stück beginnt, das die Pianistin Renee Rosnes für Johnson schrieb. In diesem “Girlie’s World” zeigt sie sofort, dass sie zu einer würdigen Nachfolgerin heranwachsen kann, auch wenn es große Fußstapfen zu füllen sind. Dennoch haben wir Vertrauen. Ihr Ton ist frisch, gut angesetzt und auch in schnelleren Tempi deutlich artikuliert, was zeigt, dass sie das Instrument absolut beherrscht, wobei es nicht schadet, dass ihr Mentor Michael Dease in vielen Stücken auf einem Baritonsaxophon mitbläst. Das Ergebnis ist ein schöner, reicher Klang, der besonders in den eigenen Kompositionen wie dem melancholischen “Heartstrings” – in dem sie die Posaune sehr subtil klingen lässt – und dem wunderschönen “Unchained Melody” als Höhepunkt und zugleich Abschluss einer Platte zur Geltung kommt, die uns neugierig genug macht. Im letzten Jahr gewann Haruta den prestigeträchtigen Carl Fontana Jazz Trombone Competition. Zu Recht. Denn dass wir es hier mit einem Talent zu tun haben, ist klar. (Jeroen Mulder) (7/10) (Origin Records)
Fields of Næcluda – UBUNTU
Fields of Næcluda ist eine französische Crossover-Prog-Band, bestehend aus Sänger, Bassist, Keyboarder Michel Teyssier, Gitarrist Etienne Doucet und Schlagzeuger Mathieu Schricke. “UBUNTU” ist das zweite Album dieses Trios. Für den ausgezeichneten transparenten Klang sind Chris Edrich und Pierrick Noel verantwortlich, die bereits mit vergleichbaren Acts wie Leprous und The Ocean gearbeitet haben. Über das musikalische Angebot kann ich mich kurz fassen. Eine Stunde lang bekommen wir solide gespielte Post-Progressive-Rock zu hören, der vor allem Liebhaber der genannten Bands Leprous und The Ocean begeistern wird. Auch Menschen, die Steven Wilson gut vertragen können, sollten “UBUNTU” unbedingt einem Hörtest unterziehen. Tracks, die herausstechen, sind “Lost In Translation” und der abschließende Titelsong “UBUNTU” mit einer schönen Querflöte, die dafür sorgt, dass dieser Song etwas mehr heraussticht als der Rest der Kompositionen. (Ad Keepers) (7/10) (Inouïe Distribution/Tchookar)
Everything Is Recorded – Richard Russel is Temporary
In Richard Russells neuem Universum “Temporary” verschmelzen elektronische Innovation und Folktradition zu einer fesselnden Meditation über Vergänglichkeit. Als Mastermind hinter XL Recordings versammelt er eine beeindruckende Konstellation von Stimmen – von Florence Welch bis Jah Wobble und Maddy Prior – in einer Produktion, die sich wie eine sorgfältig konzipierte Kata-Übung anfühlt. ‘My and Me’ eröffnet als sinnliche Verzauberung, die Hörer physisch in die Lautsprecher zieht, während ‘Porcupine Tattoo’ die kristallklare Verletzlichkeit von Noah Cyrus mit Bill Callahans kavernösem Bariton verwebt – eine unwahrscheinliche, aber verheerende Harmonie. Das Album gipfelt in ‘Never Felt Better’, einer Komposition von so erschütternder Schönheit, dass sie den Atem stocken lässt. Russells Produktion fungiert als emotionale Architektur, in der digitale Texturen und organische Stimmen sich gegenseitig verstärken. Wenn “Temporary” die Perfektion knapp verfehlt, dann nur, weil es keine völlig neue musikalische Sprache erfindet. Dennoch erschafft Russell ein essentielles Werk, das – ironischerweise angesichts des Titels – einen bleibenden Eindruck hinterlässt – eine der überzeugendsten Veröffentlichungen des Jahres. (Jan Vranken) (9/10) (XL Recordings LTD)
Ben Mazué – Famille
In “Famille”, dem fünften Album des französischen Sängers Ben Mazué, werden wir Zeugen einer wunderschönen Transformation. Wo sein früheres Werk oft von introspektiver Melancholie durchdrungen war, entfaltet sich hier eine leichtere, universellere Klangwelt, die uns alle umarmt. Die elf Kompositionen strömen wie eine erfrischende Sommerbrise durch die Lautsprecher, wobei Mazués charakteristische Stimme – gleichzeitig samtig und rau – von Arrangements getragen wird, die überraschen, ohne zu entfremden. Dieser musikalische Cocktail sprüht vor Spontaneität und Intelligenz. Thematisch bildet die Familie das Rückgrat dieses Albums. Mazué malt mit subtilen Pinseln Porträts von Vaterschaft (‘C’est l’heure’), Kindheit (‘Tony Micelli’) und der komplexen Familiendynamik, die uns alle prägt. In ‘Cécile Gagnant’ wendet er sich sogar an eine Tochter, die er nie hatte – ein berührender Moment hypothetischer Intimität. Aber Mazués Blick reicht über seine persönliche Geschichte hinaus. In Liedern wie ‘La valse de mamie’ und ‘Tous tes amis l’adorent’ verwandelt er sich in einen meisterhaften Geschichtenerzähler, der das Leben anderer mit respektvoller Präzision fühlt und vertont. “Famille” ist letztendlich ein sprühendes Album, das sich trotz seiner ernsten Thematik wie ein erfrischendes Getränk an einem heißen Sommertag anfühlt – belebend, leicht berauschend und mit einem Nachgeschmack, der zu einem weiteren Schluck einlädt. (Jan Vranken) (8/10) (Sony Music Entertainment)
Panda Bear – Sinister Grift
In der Dämmerungslandschaft zwischen Experimentierung und Zugänglichkeit erwacht Noah Lennox’ neuestes Album zum Leben. “Sinister Grift” markiert Panda Bears Rückkehr nach fünf Jahren Stille, ein Album, das sich in seinem musikalischen Erbe sowohl vertraut als auch überraschend anfühlt. Wo Lennox’ frühere Arbeit oft in Hall und Samples ertrank, atmet diese Platte eine erfrischende Direktheit, wobei nur der Überfluss an Hall noch als Erinnerung an frühere Werke präsent ist. Die Beach Boys-artigen Harmonien bleiben, sind aber jetzt in eine reiche instrumentale Palette eingebettet, die Lennox größtenteils selbst spielt. Das Ergebnis ist eine Sammlung von Beatles-ähnlichen Popsongs, die mühelos ins Ohr gehen und gleichzeitig eine tiefere emotionale Schicht offenbaren. ‘Praise’ eröffnet als farbenfrohe Einladung, harmonisch und zugänglich, aber bald entfaltet ‘Anywhere But Here’ Lennox’ Talent, Klanglandschaften zu schaffen, die sowohl glitzern als auch Schatten werfen. Die A-Seite bildet eine kaleidoskopische Reise, in der melodische Texturen von Reggae bis Latin mit eindringlichen Reflexionen über ein Leben nach der Scheidung verwoben werden. Wenn wir zur B-Seite kommen, vertieft sich der Ton merklich. ‘Left In The Cold’ und ‘Elegy For Noah’ zeigen Lennox’ stimmliche Vielseitigkeit auf ihrem Höhepunkt, wo seine von Brian Wilson inspirierten Harmonien zu etwas werden, das sich gleichzeitig verspielt und transzendental anfühlt. Der experimentelle Geist, der die erste Hälfte kennzeichnet, kristallisiert sich hier zu einer schmerzlich treffenden Kohärenz heraus. Zum ersten Mal in seiner Solokarriere hat Lennox alle Mitglieder von Animal Collective eingeladen, zusammen mit Gästen wie Cindy Lee und Rivka Ravede von Spirit of the Beehive. Diese Zusammenarbeit verleiht dem Album eine warme, kollektive Energie, die sich innerhalb von Panda Bears Œuvre überraschend anfühlt. “Sinister Grift” ist ein Album der Paradoxien und Kontraste, das sich trotz seiner Komplexität mit kristallklarer Intention präsentiert. Während die letzten Töne verklingen, bemerkst du, dass deine Hand bereits nach der Nadel greift, um die Reise erneut zu beginnen – es gibt noch so viele musikalische Ecken, die erneut erkundet werden müssen. (Anton Dupont) (7/10) (Domino Recording Ltd)