Übersicht über die Albumrezensionen: Liv Kristine, Donovan Haffner und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Liv Kristine – Amor Vincit Omnia

Die norwegische Sopranistin Liv Kristine veröffentlicht bereits seit 1998 Soloalben, doch zwischen 1994 und 2015 lag ihr Fokus vor allem auf den Symphonic-Metal-Bands Theatre of Tragedy und Leaves’ Eyes, mit denen sie bekannt wurde. Auch arbeitete sie mit verschiedenen anderen Bands zusammen, unter anderem mit Delain – sowohl im Studio als auch live. “Amor Vincit Omnia” ist ihr siebtes Album und zeigt womöglich ihre beste gesangliche Leistung, die sie je aufgenommen hat. Der einzige Song, der an den symphonischen Metal erinnert, mit dem sie in den 90ern mit Theatre of Tragedy berühmt wurde, ist der Titeltrack, bei dem ihr Ehemann Michael Espenæs mit Growls vertreten ist. Obwohl Gitarrist Sacha Dannenberger für die Musik verantwortlich ist, sind auf den übrigen zehn Stücken kaum Gitarren zu hören. Im Vordergrund stehen Liv Kristines Stimme und ihre Texte, die viel Raum bekommen, ohne die Instrumente zu verdrängen. Für die gute Balance sorgen ebenfalls Sacha Dannenberger und Andy Classen, der das Album gemastert hat. Für durchschnittliche Symphonic-Metal-Fans dürfte “Amor Vincit Omnia” wahrscheinlich zu sanft sein. Doch wer offen für Neues ist, für den ist dieses Album ein absolutes Muss. (Ad Keepers) (9/10) (Metalville)

Marathon – Fading Image

Das Debütalbum “Fading Image” von Marathon hinterlässt einen starken ersten Eindruck. Die niederländische Post-Punk-Band, bestehend aus Kay Koopmans, Lennart van Hulst und Nina Lijzenga, verbindet Einflüsse aus Post-Punk, Shoegaze und Indie zu einem eigenen, dringlichen Sound. “Out Of Depth” eröffnet energisch mit präzisem Schlagzeug von Lennart und Ninas markantem sechssaitigen Bass. Kays Gesang passt gut zur rauen Stimmung. Singles wie “Gold” und “Fall” sind zugänglicher, behalten aber die düstere Grundstimmung des Albums bei. “Shadow Raised A Star” fällt durch seinen atmosphärischen Aufbau und die Vielschichtigkeit auf. In “DH22” zeigt die Band ihre experimentelle Seite, während “Idiocy” und “Disorder” Themen wie Vergänglichkeit und Verwirrung aufgreifen. Die rohe Produktion verstärkt das Gefühl der Dringlichkeit. Im Abschlussstück “Away From Home” sorgen zusätzliche Tasten und Gitarren für unerwartete Tiefe. Mit “Fading Image” liefert Marathon ein überzeugendes und kraftvolles Debüt – ohne Schnörkel, aber mit Intensität und einer klaren, eigenen Handschrift. Davon wollen wir mehr hören! (Anton Dupont) (8/10) (V2 Records)

Vox Sambou – Hayti Lives

Eine erfrischende musikalische Reise auf Vox Sambous neuem Album “Hayti Lives”. Der Opener “Votyage” enthält ein wunderschönes Trompetensolo von Rémi Cormier und setzt sofort den Ton für diese kulturelle Verschmelzung. Mit nur acht Tracks und einer Laufzeit von etwa einer halben Stunde macht dieses Album Lust auf mehr. Der in Montreal lebende haitianische Künstler präsentiert ein Werk voller haitianischer Rhythmen, durchzogen von kongolesischen Einflüssen. “Kriminèl” ruft zur Einheit auf, während “Voyaje” eine fröhliche Feier kultureller Verbundenheit bietet. “Na Luta” überrascht mit experimentellen, teils chaotischen Klängen, die zwar aus dem Rahmen fallen, aber gerade dadurch faszinieren. Die Leadsingle “Goumen” ist eine kraftvolle Hymne der Entschlossenheit, tief verwurzelt in der haitianischen Kultur. Sambous Rap-Fähigkeiten sind vielleicht nicht seine stärkste Seite, doch seine Überzeugung und Leidenschaft gleichen das vollständig aus. Mit Unterstützung vieler talentierter Musiker liefert er ein stimmiges und mitreißendes Werk ab. “Hayti Lives” ist ein sympathisches Album, das nicht nur haitianischem Erbe Tribut zollt, sondern auch als perfekter Soundtrack für jede sommerliche Grillparty dient. (Jan Vranken) (6/10) (Delicious Times)

Donovan Haffner – Alleviate

Frisch von der Royal Academy of Music in London veröffentlicht der Altsaxophonist Donovan Haffner in Eigenregie sein Debütalbum – ausschließlich mit eigenen Kompositionen. Es wäre ein gewagter Schritt, wenn Haffner nicht bereits tief in der Jazzwelt verwurzelt wäre. Und das ist er, was man den Tracks auf “Alleviate” auch deutlich anhört. “The Writer” vermittelt sofort einen guten Eindruck davon, was uns erwartet: vor allem technisch perfektes Zusammenspiel zwischen Altsaxophon, Klavier und Gitarre. Technisch perfekt – aber gelegentlich hat man das Gefühl, dass der Hörer vor allem von Haffners Fingerfertigkeit überzeugt werden soll. Viele junge Musiker tappen in diese Falle, und Haffner ist da keine Ausnahme. Ein Track wie “Step Aside” wirkt dadurch schnell wie ein Studienstück: virtuos gespielt, aber ohne emotionale Tiefe. Zur technischen Brillanz gehört auch die stilistische Bandbreite. Obwohl die meisten Stücke bluesig klingen, scheut er sich nicht vor Bop – etwa in “The Sublime”, das stark mit Saxophon und Schlagzeug beginnt. Hier hören wir neben Technik auch ein angenehmes Funkeln im Spiel, das nötig ist, um Kompositionen Leben einzuhauchen. Es ist einer der überraschenderen und sicherlich besten Titel, zusammen mit “The Lone Wolf” und “Discovering The Truth”, letzterer beeindruckt durch seine Einfachheit – und gerade dadurch. Hier glänzt Haffner nicht mit Technik, sondern mit echter Tiefe in seinem Spiel. Es ist der Unterschied zwischen Spielen mit dem Bauch oder den Fingern. Wir bevorzugen Ersteres. (Jeroen Mulder) (7/10) (Donovan Haffner)

Divide and Dissolve – Insatiable

Die australische Komponistin und Multiinstrumentalistin Takiaya Reed ist Cherokee. In der (größtenteils instrumentalen) Musik von Divide and Dissolve verarbeitet sie Themen wie indigene Souveränität, Emanzipation und persönliche Erfahrungen. “Insatiable” beschreibt Takiayas Vision einer besseren Welt. Das Schlagzeug ist wuchtig, ihr Gitarrenspiel sludgy. Doch vor allem durch das Saxophon und den Einsatz von Effekten erschafft sie einen ganz eigenen Sound in der internationalen Doom-Metal-Szene. Die Kombination aus Horn und Saxofon verleiht “Loneliness” eine düstere, beinahe traurige Stimmung. Der Kontrast zum Doom von “Dichotomy” ist groß. Takiayas Worte über Einsamkeit in “Grief” sind kaum verständlich, doch ihre Stimme verschmilzt mit den Instrumenten. Die Tracks sind gut über das Album verteilt, das sowohl klassisch orientierte Passagen als auch langsamen Doom-Metal enthält. Der raue Sound und die sludgy Gitarre dominieren nicht. Verfremdeter Gesang und Schlagzeug stehen im Dienst des Ganzen. Man muss die Inhalte der Songs nicht verstehen – man spürt die unterschiedlichen Stimmungen. Auch wer normalerweise Doom-Metal meidet, sollte “Insatiable” eine Chance geben. (Esther Kessel-Tamerus) (8/10) (Bella Union)

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