Übersicht über die Albumrezensionen: Femi Kuti, Butthole Surfers und mehr
|Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
Gabriel Latchin Trio – The Man I Love
“Summertime.” Wie viele Versionen dieses Stücks mag es inzwischen geben? Das Stück, das George Gershwin 1934 für seine Oper “Porgy and Bess” komponierte und vor allem durch die Version von Billy Holiday bekannt wurde. Danach folgten tausende Versionen, darunter durchaus auch überraschende Interpretationen von Janis Joplin und “unserem” Brainbox mit Kaz Lux und Jan Akkerman. Fügt eine neue Interpretation dann noch etwas hinzu? Das Gabriel Latchin Trio versucht es auf “The Man I Love”. Gabriel Latchin ist ein vielseitiger Jazzpianist, aber mit dem ausgetretenen “Summertime” ist der Anfang dieses Albums keineswegs vielversprechend. “The Man I Love” ist eine Hommage an Gershwins Werk, aber man muss wirklich aus sehr gutem Hause kommen, um eine originelle Interpretation der zehn Songs zu geben, die allesamt zu den “Standards” gezählt werden. Dennoch gelingt Latchin dies in einigen Tracks. “S Wonderful” ist beispielsweise zu einer herrlichen Samba geworden, und auch der Abschlusstrack “I’ve Got Rhythm” ist dank der Improvisationen ein Höhepunkt des Albums. Latchin erweist dem Gershwin-Erbe mit “The Man I Love” definitiv einen ehrenvollen Dienst. Es sind vor allem die lateinamerikanischen Elemente, wie im Titelstück, die das Album hörenswert machen. Das einschläfernde “Embraceable You” sei ihm dann verziehen. (Jeroen Mulder) (7/10) (Gabriel Latchin Limited)
Paco Cathcart – Down on Them
In der städtischen Landschaft New Yorks blüht Paco Cathcarts Debütalbum unter eigenem Namen wie eine zarte Pflanze zwischen dem Beton. “Down on Them” schwebt zwischen der Einsamkeit der Metropole und den intimen Verbindungen, die uns menschlich machen. Das Eröffnungsstück “Your Reflection” entfaltet sich mit einem überraschend subtilen Bläserarrangement, das den Hörer auf eine morgendliche Fahrradtour durch die Stadt mitnimmt. Die Wärme der Blechbläser kontrastiert wunderbar mit Cathcarts bedächtigen Gesang, eine musikalische Morgendämmerung, die den Rest des Albums einläutet. Durch die zwölf Lieder hindurch hört man die Seele eines frühen Paul Simon. Cathcarts Ansatz ist, wie der von Simon, ausgesprochen Singer-Songwriter, mit Betonung auf erzählerischen Texten und empfindsamen Melodien, in denen Cathcart brilliert, besonders wenn die Bandmitglieder Elhajli, Shannon und Wollowitz ihre Stimmen in mitreißenden Harmonien bei “Oh, Joy” und “Gender Neutral” verweben. “Bottleneck Blues” bildet den emotionalen Höhepunkt, in dem Cathcarts poetische Beobachtungen über städtische Erstickung und die Erleichterung am Stadtrand eine universelle Saite anschlagen. Dies ist Musik, die zum aufmerksamen Zuhören einlädt in einer Welt, die es immer eilig hat. (Jan Vranken) (8/10) (Wharf Cat Records)
Butthole Surfers – Live at the Leather Fly
“Live at the Leather Fly” zeigt die Butthole Surfers in ihrer rohen, chaotischen Form. Diese Archiv-Veröffentlichung, aufgenommen während ihrer “Independent Worm Saloon”-Periode, zeigt, wie die Band während ihrer wilden Live-Auftritte der frühen 90er Jahre klang. Paul Learys kreischende Gitarren und Gibby Haynes’ stark verzerrter Gesang erschaffen zusammen eine Klangmauer, die gleichermaßen fasziniert wie irritiert. “Dust Devil” sticht hervor als ein seltener Moment, in dem Energie und Struktur zusammenkommen – ein Track, bei dem die Band ihren chaotischen Ansatz in etwas verwandelt, das sich wirklich bewegt. Was einst revolutionär war, klingt heute jedoch veraltet. Die psychedelischen Ausflüge auf Stücken wie “1401” und dem unheilvollen “Some Dispute Over T-Shirt Sales” erinnern an eine experimentelle Zeit, die ihre Relevanz größtenteils verloren hat. Der Punk-Metal von “Edgar” zeigt noch Fetzen davon, warum diese Band einst so wichtig war. Diese 21 Tracks nehmen dich mit durch eine Klangerfahrung, die uns vor allem daran erinnert, wie radikal und innovativ diese Musik einst war – und wie sehr sie jetzt in ihrer eigenen Epoche feststeckt. (Anton Dupont) (5/10) (Sunset Blvd Records)
Lefty Gunplay – Can’t Get Right
Im Schatten zwischen Straßenglaubwürdigkeit und musikalischem Versagen steht Lefty Gunplays neues Album – jeder Beat und Flow beweist seinen Mangel an Kreativität. “Can’t Get Right” ist ein passender Titel für einen ehemaligen Häftling, dessen frühere Alben stolz das Gangster-Leben verherrlichten. Nach neun Jahren Gefängnis und seiner jüngsten Verhaftung in El Paso erweist sich Holladays musikalische Freiheit als ebenso begrenzt wie seine Bewegungsfreiheit. Das Album fühlt sich an wie eine Reise durch eine karge Landschaft aus aufgewärmten Beats und langweiligen Flows. Seine Straßenerfahrung mag echt sein, aber seine Musik steckt in einem geschlossenen Raum voller Klischees fest. “Scary Movie” ist Langeweile in Musikform – ein Track, der dich nach Stille sehnen lässt. In der Welt des zeitgenössischen Rap kommt Holladay zu kurz, gefangen zwischen bedeutungslosem Straßengerede und Produktion ohne Innovation. Vielleicht liegt seine wahre Zukunft außerhalb des Studios – die Regelmäßigkeit eines KFC-Jobs würde besser passen als dieses musikalische Versagen. Ein Album, das seinem Titel gerecht wird: Lefty kann es tatsächlich nicht richtig hinbekommen. (Elodie Renard) (4/10) (2025 OTR Records)
Femi Kuti – Journey Through Life
In den glühenden Sandkörnern afrikanischer Rhythmen und dem fließenden Fluss des politischen Widerstands findet Femi Kutis neuestes Werk sein Zuhause. “Journey Through Life” steht als ein klangliches Monument – nicht nur für das Erbe seines Vaters Fela, sondern als lebendiges Zeugnis von Femis eigener jahrzehntelanger musikalischer Odyssee. Die Platte entfaltet sich wie ein bunter Teppich, in dem die Fasern von Jazz, Funk und karibischen Kadenzen mit eindringlichen Anklagen gegen Korruption in Nigeria verwoben sind. Es ist Musik, die sowohl die Füße als auch das Gewissen in Bewegung bringt – eine Balance, die Kuti mit meisterlicher Präzision aufrechterhält. In “Corruption na Stealing” und “Politics Don Expose Them” klingt das Echo des Schlachtrufes seines Vaters – ‘Music is the weapon’ – nach, aber Femis Stimme ist unverkennbar seine eigene. Die Produktion, vollständig in seinen Händen, schafft eine kohärente Klangreise, die sowohl historisches Bewusstsein als auch zeitgenössische Relevanz atmet. Besonders ergreifend ist “Chop and Run”, in dem Kuti den berüchtigten militärischen Überfall auf die Kalakuta Republic seines Vaters von 1977 verarbeitet – ein Ereignis, das zum Tod seiner Großmutter führte. Das Lied bildet einen emotionalen Ankerpunkt inmitten der tanzbaren Rhythmen, die die Platte dominieren. Das instrumentale “Shotan” bietet einen Moment purer musikalischer Euphorie, während der epische Schlussakkord “Think My People Think” Kutis Fähigkeit demonstriert, politische Botschaften in unwiderstehliche Grooves zu verpacken, die den Hörer sowohl zum Tanzen als auch zum Denken anregen. “Journey Through Life” ist herrlicher Afrobeat, über Generationen weitergegeben, aber mit einem frischen, zeitgemäßen Glanz. Das Album beweist, dass Femi Kuti nicht nur ein Träger der Fackel seines Vaters ist, sondern ein Feuerstifter mit seinem eigenen einzigartigen Funken. (Jan Vranken) (8/10) (Partisan Records)