Übersicht über die Albumrezensionen: Tyler, the Creator, Cory Hanson und mehr
|Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
Samantha Schmütz & Adrian Younge – Samantha & Adrian
Die brasilianische Schauspielerin Samantha Schmütz und der amerikanische Komponist Adrian Younge haben mit ihrer Zusammenarbeit “Samantha e Adrian” etwas Besonderes geschaffen. Dieses Album entstand aus einer Begegnung während eines Jazz Is Dead-Events und entwickelte sich zu einem wunderschönen musikalischen Dialog zwischen Rio und Los Angeles. Aufgenommen in Younges vollständig analogem Linear Labs-Studio bildet es eine Brücke zwischen brasilianischer MPB-Tradition und der Eleganz von Seventies-LA-Soul. Das Auffälligste an dieser Platte ist, wie mühelos beide Künstler ihre kulturellen Hintergründe verschmelzen lassen. Schmütz zeigt eine wunderschöne Singstimme, die von Younges üppigen Arrangements mit geschichteten psychedelischen Gitarren und opulenten Streicherarrangements umrahmt wird. Genau wie bei Klassikern von Jorge Ben oder Astrud Gilberto findet man hier diese warme, intime Atmosphäre, die MPB so charakteristisch macht. Höhepunkte sind der räumliche Groove “Depois do Amor” und das disco-inspirierte “More Than Love”. Das subtile “Quando Sol Chegar” mit schwebenden Keyboards und eleganten Bläserarrangements beweist, dass beide Künstler ihr Handwerk verstehen. Ein seltenes Album, das zeitgemäß klingt und gleichzeitig nostalgische Perfektion ausstrahlt. (Norman van den Wildenberg) (7/10) (Linear Labs)
Richard Thompson – Havana Echoes
Richard Thompson, die 75-jährige britische Folk-Rock-Legende, kehrt mit seinem neunten Studioalbum seit seinem Weggang von Fairport Convention zurück. “Havana Echoes” folgt auf das erfolgreiche “Ship to Shore” von 2024 und zeigt einen Künstler, der immer noch hungrig nach neuen musikalischen Abenteuern ist. Das Album atmet eine warme, mediterrane Atmosphäre, die an den rustikalen Charme seines Klassikers “Rumor and Sigh” von 1991 erinnert. Thompsons charakteristisches Gitarrenspiel bleibt unvergleichlich – eine Mischung aus keltischen Drones und amerikanischen Country-Einflüssen, die kein anderer Gitarrist so beherrscht. Seine Stimme, durch die Jahre gereift, erzählt Geschichten mit einer Autorität, die nur die Erfahrung geben kann. Genau wie “1952 Vincent Black Lightning” damals die Hörer verzauberte, findet man auf diesem Album Lieder, die sofort als Thompson-Klassiker in der Entstehung erkennbar sind. Die Produktion wurde bewusst zurückhaltend gehalten, wodurch der Schwerpunkt auf Songwriting und Instrumentation liegt. Obwohl das Album weniger experimentell ist als seine jüngeren Arbeiten und auch bei weitem nicht so spannend, kompensiert Thompson dies mit einer verfeinerten emotionalen Tiefe, die seine besten Werke immer ausgezeichnet hat. Eine solide Ergänzung zu einem beeindruckenden Katalog. (Jan Vranken) (6/10) (Van Jo)
Freddie Gibbs & The Alchemist – Alfredo 2
Fünf Jahre nach ihrer Grammy-nominierten Zusammenarbeit kehren Freddie Gibbs und The Alchemist mit “Alfredo 2” zurück, einem Nachfolgealbum, das genauso reich und befriedigend ist wie das Original. Diesmal klingt Gibbs erschöpft, reumütig und gleichzeitig aufgeladen, navigiert durch den Graubereich der Ungewissheit dank Wachstum und einer Reihe kontemplativer ALC-Beats. The Alchemist erweist sich wieder als Meister im Finden einprägsamer Samples, entstaubt sie und baut sie zu üppigen Klanglandschaften um. Bei Tracks wie “Lemon Pepper Steppers” und “Shangri-La” hört man eine Produktion, die einfach smooth as fuck ist. Gibbs hingegen beweist, warum er einer der talentiertesten Rapper seiner Generation ist. Seine lyrischen Höhepunkte sind zahlreich, von scharfen Punchlines bis zu introspektiven Momenten wie bei “Ensalada”, wo Anderson .Paak den Hook übernimmt. Das Album fühlt sich an wie Gibbs’ Antwort auf Kendricks “GNX”, ein roher Nachfolger eines filmischen Opus. Genau wie bei Wu-Tangs besten Arbeiten findet man hier diese perfekte Symbiose zwischen Rapper und Producer. Ein unverzichtbarer Kauf für jeden Liebhaber zeitgenössischen Hip-Hops. (Elodie Renard) (8/10) (ESGN LLC / ALC Records)
Cory Hanson – I Love People
Cory Hanson, bekannt von der psychedelischen Rockband Wand, beweist mit seinem vierten Soloalbum “I Love People”, dass sein kreativer Brunnen noch lange nicht versiegt ist. Nach dem experimentelleren “Western Cum” von 2023 umarmt Hanson hier pures Songwriting und organischer klingende Songs. Das Ergebnis ist ein Album, das die Seventies-Singer-Songwriter-Tradition ehrt und dabei zeitgemäß relevant bleibt. Der Opener “Bird on a Swing” ist vollkommen üppig; eine wirklich einprägsame Melodie, feines Spiel und Gesang, verstärkt durch einen schwebenden Hintergrundchor. Das Album balanciert zwischen hell und dunkel, während die Musik oft sonnig und zugänglich klingt, behandeln die Texte komplexere Themen. Songs wie “Bad Miracles” behandeln Verlangen und Verzweiflung, während das sanfte “Old Policeman” ein filmisch erzählender Track ist, der um langsam brennende Klaviermelodien gebaut ist. Genau wie Neil Young kombiniert Hanson folkiges Storytelling mit schwebenden Soul-Melodien. Die Produktion strahlt Luxus und Komfort aus, selbst in den dunkelsten Momenten. Ein Album, das beweist, dass die amerikanische Singer-Songwriter-Tradition quicklebendig ist. (Anton Dupont) (7/10) (Drag City)
Tyler, the Creator – Don’t Tap the Glass
Nur neun Monate nach “Chromakopia” überrascht Tyler, the Creator mit “Don’t Tap the Glass”, einem kompakten 28-minütigen Tanzalbum, das alle Introspektion gegen pure Körperbewegung eintauscht. Tyler dämpft die Erwartungen, indem er twittert, dass dies “kein Konzept-Ding” ist, und tatsächlich fühlt sich dieses Album wie sein ungezwungenestes Werk seit Jahren an. Das ist Tylers Partyplatte, laser-fokussiert darauf, Hüften mehr zu bewegen als Gedanken. Von der nostalgischen Synth-Funk von “Sugar On My Tongue” bis zu den direkten Rave-Beats bei “I’ll Take Care of You” zeigt Tyler seine Vielseitigkeit als Producer. Bei Tracks wie “Big Poe” und “Stop Playing With Me” hört man Tylers härteste Beats und Bars gleichzeitig. Genau wie Daft Punks “Random Access Memories” die Tanzfläche wiederentdeckte, fordert Tyler uns heraus, unsere Begrenzungen wegzutanzen. Das Album ist schön positiv, fokussiert darauf, männlichen Stoizismus im Hip-Hop zu durchbrechen. Obwohl kürzer als seine jüngsten Meisterwerke, beweist “Don’t Tap the Glass”, dass Tylers Kreativität grenzenlos bleibt. Ein perfekter Soundtrack für den Sommer 2025. (Elodie Renard) (7/10) (Columbia Records)