Übersicht über die Albumrezensionen: FKA twigs, Cheap Trick und mehr
Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
Duo Reflections – La Tregua
Ein analoger Recorder, ein einziges Stereomikrofon, ein Pianist und ein Gitarrist. Der Klang auf “La Tregua” sollte rau und unverfälscht sein, und man muss sagen, dass die Eigenkompositionen von Sylvain Rey und Leandro López-Nussa in dieser Arbeitsweise hervorragend zur Geltung kommen. Das Ergebnis ist ausgesprochen intim, aber vor allem spannend, weil es dem Duo gelungen ist, seine Spielfreude und Energie überzeugend einzufangen. Gute Beispiele dafür sind Stücke wie “En las Nubes” und “L’ami de Rasputin”, in denen López-Nussas Gitarre in einen Dialog mit Reys Klavier tritt. Manchmal fallen in diesem Dialog harte Worte, mit unerwarteten Wendungen, die Emotionen steigen in kühnen Improvisationen hoch, doch die beiden finden stets zur Harmonie zurück. Sie treiben sich gegenseitig ans Äußerste, was vom Publikum einiges abverlangt: Man muss sich wirklich auf die neun Stücke einlassen, vom Opener “Aube” bis hin zu “L’Ami de Rasputin”. Und dabei sollte man bedenken, dass diese neun Tracks an nur einem einzigen Tag aufgenommen wurden: am 4. Juli 2024. Das muss ein Kraftakt gewesen sein, bis die Instrumente schließlich schwiegen und der Waffenstillstand eintrat. Erst dann merkt man, dass man etwas Besonderes gehört hat. (Jeroen Mulder) (8/10) (Filibusta Records)
FKA twigs – EUSEXUA Afterglow
Nach dem kritischen und kommerziellen Durchbruch von “Eusexua” Anfang dieses Jahres kehrt FKA twigs überraschend schnell mit einem Nachfolgealbum zurück, das ursprünglich als Deluxe-Edition gedacht war. “EUSEXUA Afterglow” entwickelt sich zu einem eigenständigen Projekt, das die Rave-Atmosphäre seines Vorgängers in die Stunden nach der Party verlängert, wo Techno-Beats fragmentierter und verspielter werden. Die elf neuen Tracks zeigen twigs in ihrer experimentellsten Form, wobei der Opener “Love Crimes” sofort mit einem unerbittlichen Viervierteltakt einsetzt, der körperliches Vergnügen mit Sterblichkeit verknüpft. Zu den Höhepunkten gehören das vom Ballroom inspirierte “Sushi”, in dem sie im Paarstil gerappte Couplets abfeuert und die Ernsthaftigkeit des Eusexua-Konzepts durchbricht, sowie das hypnotische “Slushy”, das positive Mantras über ASMR-artige Klangspektren legt. Auch wenn “Afterglow” weder den schwarzen Humor noch die kantige Intensität von “Eusexua” erreicht und die emotionale Tiefe von Stücken wie “Sticky” vermissen lässt, bleibt es eine meisterhaft angeordnete Sequenz, in der twigs sich erlaubt loszulassen. Mit einem Gastauftritt von PinkPantheress auf “Wild and Alone” und Produktionen, die zwischen Grunge-Gitarren und Shoegaze-Texturen wechseln, beweist diese Sammlung, dass twigs selbst ihr sogenanntes B-Material über ganze Diskografien anderer Künstler erhebt. (William Brown) (7/10) (Atlantic)
The Hokum Syndicate – Keep On Walking
Eine sehr interessante Platte, die kürzlich erschienen ist, ist “Keep On Walking” von The Hokum Syndicate, der Band um Bo Brocken. Doch bevor ich das Album bespreche: Was genau ist eigentlich Hokum? Hokum ist eine Variation des urbanen Blues mit schwungvollen Liedern, humorvollen Stücken und Songs, die oft leicht zweideutige Texte aufweisen. Neben Blues zeigt Hokum auch Einflüsse aus Jazz, Ragtime und Swing, lud zum Tanzen ein und war vor allem in den 1920er und 1930er Jahren beliebt. Neben Bo Brocken, einem der authentischsten Blueskünstler unseres Landes, besteht The Hokum Syndicate aus Rob Geboers (Klavier, Akkordeon), Marco Oonincx (Kontrabass) und Fokke de Jong (Schlagzeug, Percussion). Allesamt Musiker mit jahrelanger Erfahrung in Blues, Rock, Country und Jazz. Bo steuerte dreizehn selbstgeschriebene Stücke bei, die eine persönliche Geschichte erzählen. Die einzige Coverversion der Platte ist eine eigene Bearbeitung eines über 150 Jahre alten Liedes aus den Appalachen mit dem Titel “The Longest Train I Ever Saw”. Neben den oben genannten Herren tragen Ad van Erp (Klarinette) und William Kroot (Trompete) zu einigen Stücken bei. Das Ganze wurde in Bos eigenem Studio in Sibculo, Natural Records, aufgenommen. Und das Ergebnis kann sich hören lassen. Es ist eine hervorragende Platte mit gut geschriebenen und gut ausgeführten Songs. Sie beginnt mit dem Titel “D.I.Y.”, denn wenn man etwas gut erledigt haben möchte, muss man es ‘selbst machen’. Stücke, die meiner Meinung nach eine besondere Erwähnung verdienen, sind “My Sweet Jelly Roll”, das traurige “Closed Front Door” und das wunderschöne “Going Back To The Country”. Der Hörer wird auf eine persönliche Reise mitgenommen und erfährt etwas über die Bedeutung des Loslassens, des Reisens und des Neubeginns. Was Musik und Texte betrifft, hätte diese niederländische Band durchaus die Bühne mit Künstlern wie Tampa Red und den Hokum Boys von vor nahezu hundert Jahren teilen können. Ganz große Klasse. (Eric Campfens) (8/10) (Natural Records)
Cheap Trick – All Washed Up
Nach fünf Jahrzehnten und 21 Studioalben beweist die Veteranenband aus Rockford, dass sie trotz des selbstironischen Titels, der auf ihr 1980er-Album “All Shook Up” anspielt, noch lange nicht am Ende ist. Der energiegeladene Opener und Titelsong sowie “All Wrong Long Gone” klingen, als kämen sie direkt aus dem Jahr 1977, wobei Sänger Robin Zander immer noch die gleiche Lebendigkeit zeigt wie auf dem Debüt. Die Single “Twelve Gates” mischt psychedelische Einflüsse mit Beatles-ähnlichen Harmonien, während die Powerballade “Bad Blood” an unveröffentlichtes Material von Badfinger erinnert. Gitarrist Rick Nielsen feiert ihr Erbe auf “The Riff That Won’t Quit” und liefert auf “Bet It All” ein atemberaubendes Solo, unterstützt von Tom Peterssons kräftigen Basslinien. Das Album wechselt mühelos zwischen rauen Rockern und mitsingbaren Refrains wie “Dancing with the Band”, komplett mit jubelnden Zurufen, die zu sofortigen Klassikern werden. Auch wenn die zweite Hälfte etwas nachlässt und einige Stücke für eine Band, die einst Grenzen verschob, zu vertraut wirken, bleiben die besten Momente kraftvoll. Diese Veteranen haben auch nach 50 Jahren noch Zugang zur Mutterader des Rock. (Anton Dupont) (7/10) (BMG)
Summer Walker – Finally Over It
Mit dem lang erwarteten Abschluss ihrer “Over It”-Trilogie liefert Summer Walker eine befreiende Aussage ab, die Selbstliebe und persönliches Wachstum nach Jahren rohen Herzschmerzes in den Mittelpunkt stellt. Das 18 Tracks umfassende Doppelalbum teilt sich in “For Better” und “For Worse”, wobei der erste Teil davon handelt, sich selbst vollständig zu wählen, während der zweite eine Ehrlichkeit ohne Verbitterung annimmt. Gesanglich glänzt Walker auf Stücken wie “Heart of a Woman”, inspiriert von einer Voicemail ihres Ex-Partners Lil Meech, sowie auf dem sinnlichen “No”, das ein Sample von Beyoncés “Yes” enthält. Die beeindruckende Gästeliste mit Anderson .Paak, Mariah the Scientist, Chris Brown, 21 Savage und GloRilla bringt unterschiedliche Perspektiven in ihre Erzählung über Beziehungen und Selbstreflexion ein, auch wenn manche Features Summers Solomomente leicht verwässern. Die Produktion holt Texturen und Beats der frühen 2000er mühelos in die Gegenwart, wobei Titel wie “Robbed You” und “Situationship” die Einsamkeit nach richtigen, aber schmerzhaften Entscheidungen beleuchten. Die Promotion, mit Hochzeitfotos im Stil von Anna Nicole Smith und Escape Rooms, verstärkte den Hype, und das Ergebnis rechtfertigt die vier Jahre Wartezeit mit einer triumphalen Ode an Heilung und Selbstakzeptanz. (Elodie Renard) (8/10) (LVRN/Interscope)






