Übersicht über die Albumrezensionen: The Halo Effect, Per Gessle und mehr
|Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.
The Halo Effect – March Of The Unheard
Wie ein Gewitter, das die schwedische Küste heimsucht, stürmt das neue Album “March Of The Unheard” von The Halo Effect durch die Lautsprecher. Diese Supergruppe, bestehend aus Veteranen der legendären Göteborger Szene, beweist, dass der melodische Death Metal, den sie mitgeprägt haben, noch immer lebendig ist. Die Chemie zwischen den Gitarristen Niclas Engelin und Jesper Strömblad ist in jedem Riff spürbar, während Mikael Stannes markanter Growl perfekt sowohl Wut als auch Melancholie verkörpert. Die eigenständig produzierte Platte ist kristallklar, ohne steril zu wirken. Die Rhythmussektion von Peter Iwers und Daniel Svensson bildet ein stählernes Fundament, auf dem die melodischen Elemente glänzen können. Tracks wie “Detonate” zeigen, dass Extreme Metal und Zugänglichkeit sich nicht ausschließen müssen. Was dieses Album besonders macht, ist, wie es die Essenz des Göteborger Sounds neu interpretiert, ohne in Nostalgie zu verfallen. Es ist eine meisterhafte Balance zwischen roher Gewalt und subtilen melodischen Schichten, zwischen technischer Perfektion und ungebändigter Energie. “March Of The Unheard” ist nicht nur eine Hommage an die Vergangenheit, sondern eine feurige Bestätigung dafür, warum diese Musiker einst die Metal-Welt auf den Kopf gestellt haben. (Jan Vranken) (8/10) (Nuclear Blast)
Otis Kane – Violet
Mit seinem dritten Album “Violet” wandelt der Produzent und Künstler Otis Kane durch die schattigen Gänge des Vintage-R&B, wo sich die Echos von Motown und 90er-Jahre-Soul in einer nostalgischen Dämmerstunde begegnen. Kanes Produktionshintergrund schimmert in jedem Aspekt dieser zwölf Tracks durch – von den sorgfältig geschichteten Arrangements bis hin zu den glänzenden Vokalproduktionen, die seine Stimme wie ein maßgeschneiderter Anzug aus digitaler Seide umhüllen. Der emotionale Höhepunkt des Albums ist “Breathe”, wo üppige Background-Vocals eine Brücke zum Motown-Erbe schlagen, während das Duett “Honey” mit Sugar Joans wie ein verlorener Mariah-Carey-Track aus ihren Glanzzeiten klingt – sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Kanes Gesang, technisch einwandfrei, ertrinkt manchmal in der Überproduktion, wodurch sein natürliches Talent von Studioeffekten überdeckt wird. “Violet” fühlt sich an wie eine Zeitkapsel, die zwei Jahrzehnte zu spät geöffnet wurde. In den 90er-Jahren hätte dieses Album im Schatten von R&B-Giganten gestanden; heute steht es als wohlüberlegtes, aber veraltetes Tribut an eine goldene Ära. Es ist handwerkliches Können, das nach Originalität sucht, Nostalgie, die in einer Welt nach Relevanz sucht, die längst weitergezogen ist. (Elodie Renard) (7/10) (Nettwerk Music Group)
Ethel Cain – Perverts
Wie eine gotische Kathedrale, die aus einem Sumpf von Traumata aufsteigt, manifestiert sich “Perverts”, das zweite Album von Ethel Cain. Diese neun Tracks, die sich über klaustrophobische neunzig Minuten erstrecken, bilden eine erschreckende Pilgerreise durch die dunkelsten Abgründe der menschlichen Psyche. Die Produktion, durchdrungen von einer entfremdenden Vintage-Patina, schafft eine Klanglandschaft, die an ein verlassenes Spukhaus erinnert, in dem alte Wunden durch staubige Korridore hallen. Der Opener, eine zwölfminütige Übung in atmosphärischem Terror, komplett mit keuchendem Atem und industrieller Ambient-Musik, dient eher als Hörerfilter denn als musikalische Einführung. Selbst wenn Cains Stimme in “Punishment” endlich durch den Nebel schneidet, bleibt die Beklemmung in jedem Akkord spürbar. Ihr Gesang, technisch beeindruckend und emotional aufgeladen, navigiert durch ein Labyrinth persönlicher Dämonen. “Onanist”, trotz seines provokanten Titels, verwandelt selbst den intimsten menschlichen Moment in eine Übung in existenzieller Angst. Dieses Album strebt weder Zugänglichkeit noch Unterhaltung an; es ist ein rohes, ungefiltertes Dokument einer Künstlerin, die ihre Traumata durch Klang exorziert. Für die meisten Hörer wird es eine zu schwere Bürde sein. (Jan Vranken) (3/10) (Daughter of Cain Records)
Per Gessle – The Per Gessle Archives – The Lonely Boys Demo Sessions
Wie eine Zeitkapsel aus dem Jahr 1995 öffnet Per Gessle mit “The Lonely Boys Demo Sessions” ein Fenster in eine alternative Musikgeschichte, in der Roxettes goldene Jahre nie endeten. Diese sieben Tracks sind ein Schatz von ungeschliffenen Diamanten, die den unverkennbaren Glanz von Gessles meisterhaftem Pop-Alchemie tragen. Das Herz dieser Sammlung schlägt am stärksten in “Keep The Radio On”, einem Track, der die Essenz von Roxettes Magie in drei Minuten reiner Pop-Ekstase kristallisiert. Die charakteristische Rickenbacker-Gitarre schneidet wie ein Messer durch die Butter, während sich die Melodie wie ein alter Freund in das Gedächtnis einnistet, der nie wirklich gegangen ist. Hätte Marie Fredriksson diese Komposition krönen können, wäre dies zweifellos eine weitere Perle in Roxettes Krone globaler Hits gewesen. Diese Demos, strahlend in ihrer rohen Ehrlichkeit, sind mehr als archäologische Funde – sie sind eine Feier des Handwerks hinter der Hitfabrik. Gessle beweist hier, dass selbst seine Skizzen die unwiderstehliche Energie besitzen, die in den 90er-Jahren Millionen Radios zum Glühen brachte. Die einzige Enttäuschung ist, dass es nur sieben dieser Juwelen gibt – diese Schatztruhe hätte ruhig voller sein können. (Anton Dupont) (7/10) (Elevator Entertainment AB)
Daniela Alfinito – Blick Nach Vorn
Mit der Subtilität einer Après-Ski-Party um drei Uhr nachmittags donnert Daniela Alfinitos neuestes Schlager-Spektakel “Blick Nach Vorn” durch die Lautsprecher. Als Tochter des Amigos-Frontmanns Bernd Ulrich hat sie das Familienrezept für musikalisches Fondue perfekt gemeistert: eine Synthesizer-Basis, ein unermüdlicher Drumcomputer und eine großzügige Portion Lebensfreude verschmelzen zu einem dampfenden Topf digitaler Geselligkeit. Über fünfzehn Tracks gießt Alfinito ihren Herzschmerz und ihre Lebenslust in ein Format, das so vorhersehbar ist wie der jährliche Skiurlaub. Jeder Vier-Viertel-Takt ist eine Einladung zur kollektiven Euphorie, während die elektronischen Arrangements wie eine MIDI-Datei klingen, die einen Jägermeister zu viel hatte. Der Höhepunkt ist zweifellos “Glühwürmchen”, ein Track, der seinen Titel mit ebenso viel Anmut trägt wie ein Skifahrer sein erstes Après-Ski-Getränk. Dieses Album wird keine Musikgeschichtler bekehren oder Kritiker schlaflos machen. Es ist Unterhaltung in ihrer reinsten Form, gemacht für den Konsum zwischen der letzten Abfahrt und dem ersten Bier. Als Soundtrack für schneebedingten Hedonismus verdient “Blick Nach Vorn” eine solide Sechs – aber sobald der Skilift schließt, kann die CD getrost in der digitalen Berghütte zurückbleiben. (Jan Vranken) (6/10) (Teleamo Musik)