Living Colour: Eine Zeitreise durch Rock, Funk und Hip-Hop

Die Menschen in Limburg lieben Living Colour. Vor allem diejenigen, die dabei waren, als die Band 1991 und zwei Jahre später 1993 das Pinkpop-Festival in Flammen aufgehen ließ. Vor allem das Konzert von 1993, bei dem Bassist Doug Wimbish Muzz Skillings ersetzte, ging in die Geschichte ein. Es war also zu erwarten, dass die Band in der Maastrichter Muziekgieterij vor ausverkauftem Haus spielen würde. Das Publikum ist der Band treu geblieben. Nach dem Durchschnittsalter des Publikums zu urteilen, waren viele im Maastrichter Saal, die auch schon bei Pinkpop dabei waren.

Living Colour ist auf Tournee, um das 30-jährige Jubiläum ihres Albums ‘Stain’ zu feiern. Das Album war das erste, das die Band mit Doug Wimbish aufnahm, und es war das erste Mal, dass sie die härtere, sozialkritischere, alternative Seite der Band repräsentierte. Die “Love and Happiness”-Phase des Albums “Biscuits” war endgültig vorbei. Stain” erhielt erst viel später die Anerkennung, die es als Album verdiente. Ein hervorragender Grund also, auf Tour zu gehen.

Allerdings eröffnete die Band die Show mit “Middle Man” vom Album “Vivid”. Als Opener natürlich eine hervorragende Wahl. Der treibende, geradlinige Beat, die eingängige Hook. Die Band zeigte, wo sie steht. Die Jungs machten keine Scherze. Sänger Corey Glover sah nicht nur fantastisch aus mit seinen geflochtenen langen Haaren und dem Polyester-Panther-Anzug, nein, er sang auch noch sehr gut. Er glänzte im Laufe des Abends immer wieder. Er wusste seine Stimme gut zu dosieren, selbst die großen Ausbrüche in ‘Middle Man’ waren live beeindruckend. Hier war ein Sänger, der offensichtlich die Absicht hatte, noch länger auf der Bühne zu stehen. 

Doug Wimbish erwies sich als sehr markentreu, er spielt immer noch auf denselben Verstärkern der britischen Marke, jetzt in amerikanischen Händen, und auf denselben Bassgitarren. Seine Technik ist eine Freude, zuzuhören und zuzusehen. Eine Bassgitarre mit den Fingern so schön zum Funk zu klopfen? Das ist ein gottgegebenes Talent. Der Mann hatte mehr Pedale vor sich, als man meinen könnte, aber während der Show legte er sich sogar hin, um eine Weile mit seinen Spielzeugen zu spielen. Wunderbar zu sehen und zu hören.

Vernon Reid an der Gitarre ist ein Phänomen, wie man es in den Niederlanden nur selten zu sehen bekommt, sogar die Nordlichter sind heutzutage häufiger zu sehen. Rasiermesserscharfe Riffs, stampfende Powerchords, Schreddern wie ein junger Gott, die wahre Seele des Rock.  Und der Mann hatte sichtlich Spaß am Auftritt.  

Im hinteren Teil der Bühne stand der ehemalige Berklee School of Music-Absolvent Will Calhoun, der alles zusammenhielt wie ein professioneller Betonmischer. Was für ein Schlagzeuger das ist. Einfallsreich, hart, wenn er muss, süß, wenn er kann, Feuer in seinem Spiel und eine Menge Engagement. Wenn man Law, den Mann, live spielt, im Vergleich zu den Albumversionen hört, gibt er sich live viel mehr hin. Hier und da hört man Tony Allen-artige Afro-Beat-Grooves, was alles zu der immensen Spielfreude beiträgt, die Calhoun und die ganze Band von der Bühne spritzen lassen. 

Leave it Alone”, mit dem die Band einst den Mainstream-Rock-Stardom in Reichweite hatte, wurde in Maastricht sehr gut gespielt. Reid sang die Stimmen des Himmels, und wieder einmal war es auffällig, wie gut Corey Glover sang.  Bei ‘Bi’ wurde dies noch deutlicher. Die Kontrolle, die Kraft, lupenrein, hier war ein Spitzensänger auf der Bühne, und was für ein guter Song das immer noch ist.

Das Set war wunderbar aufgebaut, die Band spielte gut, die Männer hatten Spaß. Das konnte nicht ohne Wirkung bleiben. Die Energie zwischen dem Veranstaltungsort und der Bühne ging auf und ab. Dann kann ein Gig nur noch besser werden. ‘Nothingness’ würde ich als musikalischen Höhepunkt bezeichnen. Glover war offensichtlich im Flow, Wimbish spielte diesen wunderbaren Basspart, als ob er ihn sich in diesem Moment ausdachte. So sollte eine Live-Performance sein. 

Dann legte die Band eine Pause ein. Stain” mag sein 30-jähriges Jubiläum feiern, aber der Hip-Hop feierte sein 50-jähriges, und Bassist Doug Wimbish war dabei. Er spielte in den frühen 1980er Jahren, ebenfalls in den Niederlanden, als Bassist der Sugarhill Gang, und er wirkte als Session-Musiker bei ‘White Lines’ von Grandmaster Flash & the Furious Five mit. Living Colour nahm sich also Zeit für eine Geburtstagsparty für Hip-Hop.  WhiteLines/Apache und The Message wurden wunderbar zusammen gespielt und das Publikum amüsierte sich köstlich. 

Zeit für den Endspurt. Glamour Boys” brachte den Saal zum Tanzen, danach wurde “Love Rears it’s Ugly Head” Wort für Wort mitgesungen. Die Band hielt sich einen Moment zurück, um dann in einer Show des Selbstbewusstseins und des Showtalents ihren Grammy-Gewinner “Cult of Personality” zu präsentieren. “Time’s up” und das gemeinsame Singen von “What’s your Colour? – Living Colour!!! beendeten einen tollen Mittwochabend in Maastricht. Living Colour sind immer noch so gut wie vor 30 Jahren. Vielleicht sogar noch besser. Das war ein denkwürdiges Konzert.

Living Colour sind auch in Deutschland zu sehen.  Am Mittwoch, den 13. Dezember, spielt die Band in “die Kantine” in Köln.

Foto’s (c) Nadine Gijzen

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