Übersicht über die Albumrezensionen: Mogwai, Sheila. E und mehr

Jede Woche treffen Dutzende neuer Alben in der Redaktion von Maxazine ein. Viel zu viele, um sie alle anzuhören, geschweige denn zu rezensieren. Eine Rezension jeden Tag bedeutet, dass zu viele Alben zurückbleiben. Und das ist eine Schande. Deshalb veröffentlichen wir heute eine Übersicht der Alben, die in Kurzrezensionen in der Redaktion eintreffen.

Foto (c) Jorge Fakhouri

Orlando Molina – Autorretrato en tres colores

Ein Selbstporträt in drei Farben: Das ist das Debüt des Gitarristen Orlando Molina, geboren in Venezuela, aber derzeit in Irland lebend und arbeitend. Bis jetzt sammelte Orlando hauptsächlich Flugstunden als Sessionmusiker, aber offenbar war nun der Moment gekommen, selbst ins Rampenlicht zu treten. Dennoch dauert es auf diesem Album eine Weile, bis wir eine Gitarre hören. Die Eröffnung „Via 26″ ist wirklich für Scott Flanigans Klavier gedacht. Erst im letzten Teil tritt Molina nach vorne und wir hören den vollen Klang der klassischen sechs Saiten auf einer Konzertgitarre. Nach und nach verstehen wir, dass der Schwerpunkt auf diesem Album viel mehr auf dem Komponisten liegt, der Molina neben einem ausgezeichneten und besonders vielseitigen Gitarristen und Bandleader auch ist. Molina mischt Latin mit Jazz, aber auf völlig eigene Weise und versehen mit besonderen Arrangements. In „De lo Vivido a lo Vivo” hören wir ein Duett zwischen der klassischen Gitarre und einem Cello. In „Pacienca” lässt Molina sein Spiel wunderbar mit der Stimme der mexikanischen Sängerin Alicia Garcia verweben. Neben einer akustischen Gitarre hören wir hin und wieder auch elektrisch verstärkte Töne, wie in „Un Vida, Many Lives”, wo wir sogar einen Hauch von Mike Oldfield ausmachen. Alles in allem eine sehr abwechslungsreiche Platte und damit ein ausgezeichnetes Debüt. (Jeroen Mulder) (8/10) (Anda)

Sheila E. & Friends – Bailar Instrumentals

Sheila E. beweist wieder einmal, warum sie die unbestrittene Königin der Perkussion ist. Auf „Bailar Instrumentals” lässt sie ihre Timbales und Handperkussion in einem warmen Latin-Jazz-Umfeld funkeln, das an Sommerabende in Havanna erinnert. Das perkussive Feuerwerk, das wir von Sheila gewohnt sind, ist hier schön eingebettet in eine professionelle Produktion. Alles klingt ordentlich und durchdacht, ohne die Spontaneität zu verlieren, die ihr Spiel so besonders macht. Der Einfluss ihres Patenonkels Tito Puente hallt durch jeden Track, während ihr eigener Stempel deutlich hörbar bleibt. Die instrumentalen Tracks atmen die reichen Traditionen des Latin-Jazz mit Grooves, die automatisch die Füße zum Bewegen bringen. Das Album fühlt sich wie eine musikalische Reise durch verschiedene Latin-Rhythmen an, wobei Sheilas rhythmische Geschichten den roten Faden bilden. „Bailar Instrumentals” ist der perfekte Soundtrack für eine Gartenparty in diesem Sommer. Es hat diese entspannte Energie, die Menschen zusammenbringt, ohne aufdringlich zu werden. Ein schönes Album, das zeigt, warum Sheila E. in der modernen Musiklandschaft immer noch relevant ist. (Jan Vranken) (7/10) (Stilleto Flats)

Scylla & Furax Barbarossa – Portes Du Desert

In der Liminalität zwischen Brüsseler Melancholie und maghrebinischer Mystik entsteht etwas Außergewöhnliches. „Portes Du Desert” transzendiert die Grenzen dessen, was belgischer Rap sein kann – siebzehn Kompositionen, die als spirituelle Kartografie von Sehnsucht und Erlösung fungieren. Der Eröffnungstrack kündigt sofort an: Hier navigieren wir nicht länger in konventionellen Rap-Territorien. Die Melodien schweben wie Fata Morganas, eine Einladung zur inneren Pilgerreise. Der Titeltrack verleiht Scyllas existentiellem Durst eine Stimme, während Furax Barbarossas komplementäre Intensität die Musik verstärkt. Was dieses Album wirklich auszeichnet, ist, wie Belgiens künstlerische DNA durch jeden Beat schwingt. In „Gardiens, Pt.1″ erkennen wir den kollektiven Einfluss von Jacques Brel – nicht als Nachahmung, sondern als genetische Übertragung emotionaler Authentizität. Der Geist von Arno Hintjens wandelt durch diese Kompositionen, in der Bereitschaft, verletzlich zu sein, dem Mut, Authentizität über Perfektion zu stellen. Die nordafrikanische Spiritualität, die das Album durchdringt, entstand während zehn Tagen und Nächten kreativen Schaffens in Marokko, eine authentische kulturelle Osmose, wo die Wüste als Metapher für innere Wildnis fungiert. Nach fünfzehn Jahren sporadischer Zusammenarbeit haben beide Künstler endlich die Alchemie gefunden, die ihre Kräfte exponentiell vervielfacht. Das ist das beste belgische Rap-Album bis heute. Punkt. (Elodie Renard) (9/10) (Ciel Mauve/Demain)

Mogwai – The Bombing of Pan Am 103 Soundtrack

Irgendwo zwischen dokumentarischer Wahrheit und musikalischer Vorstellungskraft hat Mogwai einen Soundtrack geschaffen, der sich wie eine ruhige Reise durch dunkle Geschichten anfühlt. Das ist nicht der explosive Post-Rock, wie wir ihn von der schottischen Band gewohnt sind, sondern eher ein flüsternder Weg durch Spannung und tiefe Kontemplation. Wo ihre regulären Alben oft zu einer großen Entladung durch Lautstärke und Kraft aufbauen, zeigt „The Bombing of Pan Am 103″ eine Band, die die Macht der Stille entdeckt hat. Die Eröffnung mit ihren summenden Synthesizern und gezupften Akkorden schafft eine Atmosphäre dunkler Ruhe – als würde man durch leere Flughafenhallen gehen, wo Echos von Geschichten noch verweilen. Tracks wie „Luqa Airport” und „Back home to Giffnock” funktionieren als emotionale Landschaften: melancholisch ohne depressiv zu sein, spannungsgeladen ohne zu viel von einem zu verlangen. Es sind Kompositionen, die Raum für die eigenen Gedanken geben, perfekt für jene einsamen Hörsessions, wo Musik zu deinem persönlichen Soundtrack wird. Obwohl ursprünglich als TV-Musik gedacht, erhebt sich dieses Werk über seinen Fernsehzweck. Mit Kopfhörern wird es zu einer intimen Reise durch subtile Klänge und atmosphärische Soundscapes, die zeigen, wie gut Mogwai Emotionen in pure Atmosphäre verwandeln kann. Eine schöne Abweichung von ihrem gewohnten Pfad, ein Beweis dafür, dass große Künstler ihre eigenen Grenzen verschieben können. (Anton Dupont) (7/10) (Rock action records)

Shamir – Ten

In der Stille zwischen Intensität und Melancholie entfaltet sich Shamirs „Ten” wie ein meditativer Abschied. Dieses zehnte Album, angekündigt als sein letztes und der Abschluss seiner selbsterklärten „Anti-Karriere”, bildet eine intime Kartografie eines Künstlers, der seinen eigenen Weg gegangen ist, von der tanzbaren Euphorie von „Ratchet” zum rohen Geständnis von „Hope” und nun zu dieser kontemplativen Synthese. Die zehn Tracks atmen innerhalb des Idioms des Indie-Singer-Songwriter-Rock, wobei die bewusst Lo-Fi-Produktion als transparenter Schleier fungiert. Diese Wahl für Authentizität über Politur gelingt wunderbar: Jede Gitarrenberührung und vokale Phrasierung fühlt sich echt und ungeschnitten an. „Golden” glänzt als Höhepunkt des Albums; ein Song, der mühelos seinen Weg zu jenem einen niederländischen Radiosender finden würde, der sich alternativ nennt. Der Schlussakkord „29″ verlangt nach intimem Hörerlebnis; man möchte fast in die Stereoanlage kriechen, um Shamirs Falsettstimme zu folgen. Seine Phrasierung ruft Fragmente von Loren Kramar hervor, oder auch nicht, es bleibt Raten in dieser schönen Ambiguität. „Ten” erfordert Geduld, mehrere Hörsessions, um sich vollständig zu erschließen. Echte Musik, purer Gewinn. (Jan Vranken) (8/10) (Kill Rock Stars)

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