Art Garfunkel Jr. – Advent

Über “Advent”, das neue Weihnachtsalbum von Art Garfunkel Jr., geboren als James Garfunkel, liegt eine gewisse Art von Verzweiflung. Ein Mann, der so sehr sein Geburtsrecht beanspruchen möchte, dass er seinen Namen gesetzlich ändern ließ, um das ‘Jr.’ hinzuzufügen. Falls Sie es beim ersten Mal verpasst haben. Oder beim zweiten Mal. Oder beim dritten Mal, als er seinen 83-jährigen Vater ans Mikrofon zog, um erneut zu beweisen, dass ja, er wirklich der Sohn dieses Garfunkel ist.

Der jüngere Garfunkel hat sich eine, großzügig ausgedrückt, Karriere in der deutschen Schlagerszene aufgebaut, jenem merkwürdigen Zwischenreich europäischer Popmusik, in dem Melodie glitzernd, mit Akkordeon begleitet, stirbt. Seine früheren Alben, darunter das ergreifende “Wie Du – Hommage an meinen Vater”, erzielten bescheidenen Chart-Erfolg in Deutschland, wo das Publikum offenbar eine höhere Toleranz für musikalisches Nepotismus auf Deutsch mit amerikanischem Akzent hat, der Duolingo weinen lässt.

“Advent” ist Garfunkel Jr.s erstes Weihnachtsalbum und genau die Art von Platte, die einem klar macht, warum Spotify einen Überspringen-Button hat. Produziert von Felix Gauder (der es besser wissen sollte, angesichts seiner Arbeit mit den Pet Shop Boys), präsentiert sich das Album als Umarmung von ‘Minimalismus’ und dem Prinzip ‘weniger ist mehr’. In der Praxis bedeutet das: ‘Wir wollten nicht zu viel für die Produktion ausgeben, also hier sind ein paar YouTube-Qualität Synth-Pads und eine Drum-Machine, die klingt, als käme sie aus einem Aerobic-Video von 1987.’ Das Album beginnt mit “Auld Lang Syne”, einem Vater-Sohn-Duett, das, und ich bin hier großzügig, das am wenigsten anstößige ist. Die Stimme von Art Sr., bemerkenswert gut erhalten trotz seines Alters und des berüchtigten Hummer-Vorfalls 2010, hat immer noch kristallklare Qualität. Die Vocals seines Sohnes hingegen befinden sich in jenem unglücklichen Niemandsland: technisch kompetent, aber völlig ohne Persönlichkeit, wie Fahrstuhlmusik, die bewusst wurde und beschloss, einen Plattenvertrag nachzujagen.

Aber “Advent” begnügt sich nicht damit, einen nur zu langweilen. Oh nein. Hier wird es aktiv bizarr. “Der Kleine Trommler” (“The Little Drummer Boy”) beginnt traditionell, man kann fast den Schnee fallen sehen, die Familie um das Raclette versammelt, und dann, etwa sechzig Sekunden später, trifft einen ein EDM-Drop wie ein betrunkener Onkel zu Weihnachten. Four-to-the-floor-Kicks. Sidechain-Kompression. Deep-House-Synths. Es ist, als wäre Garfunkel Jr. ins Studio gegangen und hätte angekündigt: ‘Weißt du, was dieses 2000 Jahre alte Lied zur Feier der Geburt Jesu braucht? Ibiza!!!’ Die ‘bom-bom-bom’ Hintergrundgesänge wurden durch so viele Effekte gejagt, dass sie weniger wie Engel und mehr wie defekte Roboter klingen. Es ist wirklich verrückt. Dann gibt es noch “Denn Es Ist Weihnachtszeit” (“Mary’s Boy Child”), das vielleicht die größte Sünde des Albums begeht: einen Weihnachtsklassiker in einen Strandbar-Reggae-Jam zu verwandeln. Zufällige Reggae-Snares hüpfen durch den Mix, als hätten sie sich verirrt und suchten Bob Marley. Alles wirkt, als sei jemandes Weihnachtsplaylist korrupt geworden und hätte die Genres zufällig gemischt. “Feliz Navidad” verliert ähnlich den Verstand, mit Geplänkel auf akustischen Gitarren gemischt mit vorwärts marschierendem Party-Schlager, der das “Immer wieder Sonntags”-Publikum kollektiv die Zahnprothese verlieren lassen würde, selbst wenn sie gut festgeklebt wäre.

Die drei Duette mit Papa Garfunkel verdienen besondere Erwähnung, insbesondere “Happy Xmas (War Is Over)”, das als Lead-Single des Albums dient. Hier hat Garfunkel Jr. eine der aufrichtigsten Friedenshymnen von John Lennon und Yoko Ono genommen und jeden Funken ursprünglicher Überzeugung herausgepresst. Der Promotiontext beschreibt es als ‘ein sanfter Aufruf zum Handeln’, bei dem ‘Frieden bei jedem von uns beginnt, im Alltag, durch kleine Gesten und geteilte Momente.’ Edle Gefühle, sicher. Aber was wir tatsächlich bekommen, ist eine lauwarme, überproduzierte Coverversion, die weniger nach Aufruf zum Weltfrieden und mehr nach Pharmawerbung klingt. Der versprochene ‘Raum und Ruhe’ in den Pressematerialien übersetzt sich zu ‘wir wussten nicht, was wir sonst damit anfangen sollten, also haben wir Hall hinzugefügt.’ Wenn Vater und Sohn die Strophen tauschen, kann man fast hören, wie Art Sr. sich fragt, ob das wirklich ist, was Lennon meinte, als er sang ‘War is over, if you want it’. Offenbar, wenn man es nur stark genug will, kann man es sogar wie einen Hallmark-Jingle klingen lassen. Das Lied fordert uns auf, ‘den Kampf niederzulegen’ und ‘den Stress des Alltags hinter uns zu lassen’, eine ironische Bitte auf einem Album, das aktiv Stress erzeugt mit jeder bizarren Produktionsentscheidung. Das ganze Album ist ein fast tragischer Versuch, diese Lieder zu modernisieren, sie ‘relevant’, ‘frisch’, ‘überraschend’ zu machen. Das Ergebnis ist weniger Innovation und mehr Vandalismus. “Wir Wünschen Euch Frohe Weihnacht” enthält Trance-Synth-Plucks, die scheinbar dafür gemacht sind, in einer Schwarzlicht-Minigolfbahn gespielt zu werden. Es ist Weihnachten in der Lasergame-Arena. Festlich auf die Weise, wie eine verpflichtende Firmen-Weihnachtsfeier mit verpflichtendem Spaß festlich ist.

Die übrigen Duette mit Papa Garfunkel, “Auld Lang Syne” und “The First Noël”, wirken weniger wie künstlerische Zusammenarbeit und mehr wie ein verzweifeltes Flehen um Legitimität. Schau, scheinen sie zu schreien, ein echter Garfunkel singt mit mir! Art Sr. klingt, das muss gesagt werden, professionell amüsiert über die ganze Angelegenheit, wie ein Mann, der genug Familienessen erlebt hat, um zu wissen, wann man einfach lächeln und nicken sollte. Man kann sich vorstellen, dass er diesen Aufnahmen mit der müden Resignation eines Elternteils zugestimmt hat, der gelernt hat, dass man Kindern manchmal einfach ihre eigenen Fehler machen lassen muss. Selbst sehr öffentliche, sehr teure Fehler. Auf CD, Vinyl und Streaming. Er liebt diesen Jungen immer noch.

Das Promotionmaterial zitiert Garfunkel Jr. nostalgisch über ‘die deutschen Platten von Frank Schöbel oder Heintje, die er zusammen mit seiner Großmutter hörte, die amerikanischen Klassiker von Boney M, das Knistern des Kamins, Kekse backen.’ Es ist ein liebenswertes, aufrichtiges Gefühl. Aber “Advent” ruft keine dieser Wärme hervor. Stattdessen wirkt es kalkuliert, auf Fokusgruppen getestet, entworfen für maximale Airplay auf deutschen Radiosendern, die ein Publikum ansprechen, das glaubt, Helene Fischer sei die Spitze der zeitgenössischen Musik.

Das Ganze hat etwas fast Shakespeareanisches. Hier ist ein Mann, der seinen Namen gesetzlich änderte, um sein Erbe zu bestätigen, der mit sechzehn nach Berlin zog, um dem Schatten seines Vaters zu entkommen, aber dann sein ganzes Erwachsenenleben damit verbringt, verzweifelt nach ihm zu winken, der eine Karriere aufgebaut hat, die fast ausschließlich daraus besteht, die Lieder seines Vaters auf Deutsch zu covern, einer Sprache, die Art Sr. nicht einmal spricht. Es ist Performance-Kunst, wirklich. Ein konzeptionelles Stück über Identität, Erbe und das erdrückende Gewicht elterlicher Erwartungen. Nur dass es nicht absichtlich ist, was es noch trauriger macht. In Interviews hat Garfunkel Jr. begeistert über seine deutsche Karriere, seine Liebe zur Sprache und seine Begeisterung für Schlager gesprochen. Da ist sicher echte Leidenschaft. Aber Leidenschaft ohne Geschmack ist nur Lärm, und “Advent” ist sehr laut, selbst in seinen ‘minimalistischen’ Momenten. Das Problem ist nicht, dass Art Garfunkel Jr. untalentiert ist. Es ist, dass er völlig verloren wirkt, musikalisch und vielleicht auch persönlich, jagt nach Chart-Erfolg in einem Land, das offenbar niedrigere Standards für ein Weihnachtsalbum hat, während er gleichzeitig etwas einem Vater beweisen will, der wahrscheinlich einfach nur möchte, dass sein Sohn glücklich ist.

Die tragische Ironie ist, dass Art Garfunkel Sr. jahrzehntelang unter dem Vergleich mit Paul Simon litt, immer der Juniorpartner, immer die Stimme hinter Simons Feder. Jetzt hat sein Sohn sich ein noch schlimmeres Schicksal auferlegt: ewiger Vergleich mit einer Legende, ohne das klassische Songbook als Rückhalt. Nur Schlager. Und EDM-Drops. Und dieses verzweifelte, gesetzlich bindende ‘Jr.’ “Advent” ist nicht das schlechteste Weihnachtsalbum aller Zeiten; es ist zu professionell produziert, zu technisch kompetent für diese Auszeichnung. Aber es ist vielleicht das fehlplatzierst, eine freudlose Übung in Genre-Tourismus, die Tricks mit Kreativität und familiäre Pflicht mit künstlerischer Zusammenarbeit verwechselt. Es ist das musikalische Äquivalent zu der Kryptostartup deines Cousins: gut gemeint, teuer aussehende Verpackung, aber grundlegend am Punkt vorbei. Überspringen. Die Heintje-Platten deiner Großmutter verdienen Besseres. (3/10) (Telamo Musik)

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